Gerichte untersagen zunehmend Hersteller-Verkaufsverbote auf Internetplattformen

Veröffentlicht am in Wettbewerbsrecht

Lange Zeit war umstritten, unter welchen Voraussetzungen Markenhersteller ihre Produkte mit der Auflage verkaufen durften, ihre Produkte nicht auf Internetportalen wie eBay oder Amazon zu verkaufen. Die Frage wurde zunächst von den Gerichten bejaht. In den vergangenen Jahren hat aber vor allem das Berliner Kammergericht den Weg vorgegeben: Nach seiner Rechtsprechung sind sogenannte selektive Vertriebssysteme verboten. Händler sollten nun ihre Belieferungsverträge heraussuchen, diese anwaltlich auf unzulässige Klauseln prüfen lassen und notfalls klagen.

Bereits Mitte September hatte das Berliner Kammergericht (KG Berlin, Urt. v. 19.09.2013, Az.:2 U 8/09 Kart, Pressemitteilung) einem Hersteller von Schulranzen unter Androhung eines Bußgeldes von bis zu 250.000 EUR verboten, die Belieferung seiner Kunden davon abhängig zu machen, dass die Waren nicht über die Internetplattform eBay oder anderen Internetportalen wie Amazon anbietet oder verkauft.

Das Kammergericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichsten auf § 1 GWB, wonach Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten sind. Das Landgericht Mannheim (Urt. v. 14.03.08, Az.: 7 O 263/07 Kart) und das ihm folgende Oberlandesgericht Karlsruhe (Urt. v. 25.11.09, Az.: 6 U 47/08) sahen die Beschränkung von Vertriebswegen hingegen noch als weniger problematisch an – und kamen übereinstimmend zu dem Schluss, dass eine entsprechende Regelung, nach der ein selektives Vertriebssystem geschaffen wird, kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei.

Dabei besteht Übereinstimmung darin, dass selektive Vertriebssysteme zunächst wettbewerbsbeschränkend sind, diese darf es aber unter bestimmten Voraussetzungen dennoch geben. Nach welchen Kriterien dies zu entscheiden ist, bestimmt das Verbraucherinteresse. Das OLG Karlsruhe sah das Interesse des Herstellers, ein „Verramschen“ seiner Waren zu verhindern, als höher an als das Interesse der Verbraucher an einem möglichen unverzerrten Wettbewerb.

Das Landgericht Kiel (LG Kiel, Urt. v. 08.11.13, Az.: 14 O 44/13) schloss sich einen Monat später der Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin an. Wer als Online-Händler große Markenanbieter im Sortiment hat, sollte nach der Rechtsprechung ältere Belieferungsverträge auf kartellrechtliche Verstöße hin prüfen lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass ähnlich klingende Vereinbarungen nun unwirksam sind. Möglicherweise können auch Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN berät Online-Händler in kartellrechtlichen Angelegenheiten.