Vorfälligkeitsentschädigung: mit Minuszinsen richtig teuer

Veröffentlicht am in Immobilien- und Mietrecht

Wer seine Immobilie verkauft und das Darlehen dafür vorzeitig kündigt, zahlt in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung. Kreditinstitute dürfen nämlich von Kunden, die einen Kredit früher als geplant zurückzahlen, eine Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) verlangen. Dieser Betrag soll die Banken für den entgangenen Zinsgewinn entschädigen. Mit den derzeitigen Minuszinsen kann das für Kreditnehmer ziemlich ins Geld gehen.

Wird ein Kredit für einen Hauskauf früher als geplant abgelöst, darf die Bank laut Bundesgerichtsgerichtshof eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie der EU sieht dafür eine faire und transparente Berechnung vor. Doch die jetzigen Minuszinsen stellen viele Kunden bei der vorzeitigen Darlehnsauflösung vor Probleme.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

In manchen Fällen dürfen Kreditnehmer ihr Immobiliendarlehen schon vor Ablauf der Zins­bindung zurück­zuzahlen – etwa bei einem Verkauf des Hauses oder der Wohnung. Die Bank kann dann im Gegen­zug einen Ausgleich dafür verlangen, dass sie das Geld nicht zu dem Zins­satz anlegen kann, den sie für das Darlehen bekommen hätte. Für den entgangenen Gewinn kann sie eine Entschädigung fordern.

Für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung hat der BGH den Kreditinstituten Vorgaben gemacht. Ihre Höhe hängt vom Zins­satz ab, den eine Bank für ihre Ersatz­anlage zugrunde legt. Dabei gilt: Je nied­riger der Zins­satz, desto höher die Entschädigung. 

Methode intransparent und nicht rechtskonform

Die Höhe der VFE ist nicht gedeckelt und kann durch den Minuszins besonders üppig ausfallen. Bei der Berechnungsmethode sind nämlich fiktive Annahmen zulässig. Das vorzeitig zurückerhaltene Darlehensgeld könnte zum Beispiel von den Banken in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden – auch wenn die mit Minuszinsen versehen sind.

Für Kunden wird dann durch diese fiktive Rechnung der Abstand zwischen dem geschuldeten Zinssatz und dem fiktiven Minuszins immer größer und die VFE steigt. Mehr als den tatsächlichen Verlust darf der Kreditgeber allerdings gemäß EU-Recht nicht fordern.

Dorothea Mohn von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) spricht sich für neue Berechnungsverfahren aus: „Wir brauchen transparente und rechtskonforme Berechnungsverfahren, wenn Verbraucher eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen sollen. Die heute eingesetzten Berechnungsverfahren bieten aus Sicht des VZBV beides nicht.“

Angemessene und objektive Entschädigung

Dem zuständigen Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) wurde bereits eine neue Berechnungsmethode vorgelegt. Die Entschädigung nach der neuen Methode wäre bis zu 33 Prozent niedriger als bei der derzeitig verwendeten Berechnungsgrundlage. Doch der Sprecher des BMJV verweist dazu lediglich auf das Gesetz, wonach dem Kreditgeber eine angemessene und objektive Entschädigung zusteht.

Außerdem habe der Gesetzgeber die Transparenzanforderungen erhöht: Der Darlehensgeber müsse demnach bei Abschluss klar und verständlich die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag angeben. Fehlten diese Angaben, werde eine Vorfälligkeitsentschädigung laut § 502 Absatz 2 Nummer 2 BGB nicht geschuldet.

Fehlerhafte Kreditverträge

Die Verbraucherzentralen bemängeln, dass die Institute zu bankenfreundlich rechnen. Das beweise die Überprüfung von 733 Verträgen, die zwischen 2005 und 2018 abgeschlossen wurden. Dabei wurde mit der sogenannten Aktiv-Passiv-Methode gerechnet. Die Überprüfung ergab, dass in drei Viertel der untersuchten Fälle die geforderten Entschädigungen über denen lagen, die die Marktwächter-Experten ermittelt haben.

So lag die Entschädigung durchschnittlich etwa fünf Prozent unter der des Darlehensanbieters – hauptsächlich wegen der pauschalen Abzüge für entfallende Risiko- und Verwaltungskosten. Im Durchschnitt forderten die Kreditgeber zehn Prozent der offenen Restschuld mehr von Kunden, die ihre Immobilienfinanzierung vorzeitig zurückzahlen wollten.

Prüfung des Darlehensvertrag könnte sich lohnen

Verbraucherschützer empfehlen Betroffenen eine Prüfung ihres Darlehensvertrags. Wurde nach der zulässigen Methode korrekt gerechnet? Auch ein Vertrags-Check könnte helfen: Vielleicht hat man den Kreditnehmer bei Vertragsabschluss nicht oder nicht ausreichend auf die Berechnung hingewiesen.

Für eine solche Berechnungsprüfung verlangen die Verbraucherzentralen etwa 70 Euro. Oder Sie lassen Ihren Darlehensvertrag direkt von uns überprüfen.