Neue Privilegierung, aktuelle Rechtslage und praktische Konsequenzen
Einleitung:
Das Thema der sogenannten Balkonkraftwerke – kleine Steckersolargeräte zur dezentralen Stromerzeugung – gewinnt rasant an Bedeutung. Der Gesetzgeber hat mit der Erweiterung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) nun erstmals einen klaren Anspruch auf deren Gestattung geschaffen. Die Privilegierung soll Hindernisse beim Ausbau erneuerbarer Energien abbauen. Welche Änderungen ergeben sich für Eigentümer und Verwalter? Was ist zu beachten? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Neuerungen und ihre Auswirkungen.
1. Gesetzliche Privilegierung nach § 20 II 1 Nr. 5 WEG
Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten“ (Oktober 2024) zählt die Installation von Balkonkraftwerken zu den „privilegierten baulichen Veränderungen“ im Sinne des WEG. Jeder Eigentümer kann somit die Gestattung für eine solche Maßnahme verlangen. Wichtig: Die Gemeinschaft darf dem Anspruch grundsätzlich nicht entgegenstehen, sondern lediglich die Durchführung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung regeln – beispielsweise durch Vorgaben zur Optik, Sicherheit oder fachgerechter Befestigung. Ein generelles Vetorecht existiert nicht mehr.
Die Privilegierung bezieht sich vor allem auf Geräte, die durch ihre Konstruktion „laienbedienbar“ sind – also ohne größeren Eingriff in die Substanz des Gebäudes installiert und über einen Stecker (typischerweise Schuko-Stecker) angeschlossen werden. Leistungsgrenzen, definiert im EEG, liegen bei maximal 2 kW installierter Leistung und 800 VA Wechselrichterleistung.
2. Energiewirtschaftliche und technische Rahmenbedingungen
Auch das EEG und weitere energierechtliche Vorschriften wurden reformiert, um die Inbetriebnahme von Steckersolargeräten deutlich zu erleichtern:
- Die Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt, stattdessen genügt eine vereinfachte Registrierung beim Marktstammdatenregister (innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme).
- Die Installation ist auch ohne vorherigen Zählertausch möglich; alte Ferraris-Zähler dürfen vorübergehend weiter verwendet werden.
- Technische Normen werden den aktuellen Anforderungen angepasst: Während bisher eine spezielle Steckdose (Wieland) notwendig war, soll perspektivisch auch der Anschluss an eine herkömmliche Schuko-Steckdose zulässig werden. Neue Produktnormen durch den VDE sind angekündigt.
Im bauordnungsrechtlichen Bereich werden Steckersolargeräte nach Stellungnahme des Deutschen Instituts für Bautechnik nicht als „Bauprodukt“ eingestuft, was wesentliche Vereinfachungen mit sich bringt.
3. Praktische Auswirkungen und die Rolle der Gemeinschaft
Bei der Beschlussfassung über die Errichtung eines Balkonkraftwerks bleibt ein Rest-Ermessen der Eigentümergemeinschaft:
- Vorgaben zur Montage, Aussehen, Sicherheit oder zur Vermeidung von Beeinträchtigungen anderer Eigentümer sind zulässig, dürfen den privilegierten Anspruch jedoch nicht vereiteln.
- Ein Anspruch auf Installation besteht primär am eigenen Balkon oder der eigenen Terrasse; die Nutzung von Gemeinschaftsflächen (z. B. Dach oder Garten) erfordert gesonderte Regelungen und ist derzeit streitig.
- Die Durchführung sollte grundsätzlich fachgerecht erfolgen – insbesondere die Absturzsicherung der Module und die Überprüfung elektrischer Leitungen durch einen Fachbetrieb sind im Interesse aller Eigentümer empfehlenswert.
Ein sog. Dauerbeschluss der Eigentümergemeinschaft kann die Bedingungen und das Verfahren für künftige Installationen standardisieren und Streit vermeiden.
Zusammenfassung: Was bedeutet die Reform für Wohnungseigentümer und Verwalter?
Die neue Privilegierung macht die Installation von Balkonkraftwerken deutlich einfacher und schafft für Eigentümer erstmals einen gesetzlich zugesicherten Anspruch. Dennoch bleibt ein gewisser Regelungsspielraum für die Gemeinschaft, vor allem im Bereich der technischen Sicherheit und Gestaltung. Eigentümer sollten bei der Planung auf die Einhaltung aller energierechtlichen und technischen Vorgaben achten, Verwalter können durch kluge Dauerbeschlüsse für Transparenz und Fairness sorgen.
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