Viele Käufer von Fahrzeugen des VW-Konzerns stehen der Rückrufaktion durch VW zur Nachbesserung der Autos skeptisch gegenüber. Angesichts aktueller Erkenntnisse wird die Teilnahme an der Nachbesserung stets fragwürdiger.
Neue Nervenprobe für VW-Kunden: Rückruf des Passats verzögert sich und negative Berichte über nachgebesserte Fahrzeuge
Bei dem Rückruf des Passats mit 2,0-Liter-Antrieb gibt es Verzögerungen. Offenbar stehen mögliche erhöhte Verbrauchswerte durch die Nachbesserung dahinter. Wann der Rückruf startet, ist noch offen. Das Kraftfahrt-Bundesamt wird dem Beginn der Rückrufaktion nur zustimmen, wenn gesichert ist, dass sich die Eigenschaften des Fahrzeugs – also auch dessen Verbrauch – nicht auch nur geringfügig ändern. Auch die Umrüstung anderer Fahrzeuge, wie beispielsweise des Golfs, der dem Passat folgen sollte, wird sich daher voraussichtlich verzögern.
Zudem vermehren sich Hinweise auf die befürchteten negativen Konsequenzen durch die Nachbesserung. Nachdem die Zeitschrift „Auto Motor und Sport“ bereits über erhöhten Kraftstoffverbrauch beim VW Amarok berichtete, wurden nun auch inoffizielle Hinweise auf eventuelle Sicherheitsmängel laut. Ein Fahrer eines bereits nachgebesserten VW Amarok berichtete, der Motor würde während der Fahrt ausschalten – und somit auch die Servolenkung. Weiterhin springe das Auto manchmal nicht an und die Höchstgeschwindigkeit sei um 30 km/h gesunken, der Verbrauch sei um 1-2 Liter pro 100 km gestiegen und die Kontrollleuchte des Dieselpartikelfilters leuchte deutlich häufiger.
Deutlicher Wertverlust von Autos des VW-Konzerns durch neue Erkenntnisse über Softwaremanipulation bekannt geworden
Nicht nur erhöhter Verbrauch und die Sicherheit nach den Umrüstungen stehen in der Diskussion, sondern auch ein nachhaltiger Wertverlust. Inzwischen wurde bekannt, dass VW 2014/2015 die Software optimiert und in den USA ausgetauscht hat, während in Deutschland die unveränderte weiter benutzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wusste VW bereits, dass die amerikanischen Behörden ermitteln. Der Grund der Optimierung war nach Berichten der Tagesschau und Spiegel Online, dass die unveränderte Version der Software zu oft in den sogenannten Rollenprüfstandmodus gewechselt habe. Das führte dazu, dass im Fahrbetrieb die Stickoxidwerte verringert wurden, jedoch der Dieselpartikelausstoß erheblich erhöht wurde. In etlichen Fahrzeugen wurden deshalb die Dieselpartikelfilter beschädigt oder zerstört. Viele Fahrzeuge sind daher aufgrund der Software mit Dieselpartikeln belastet und bereits geschädigt worden.
Für den Marktwert der Fahrzeuge bedeutet das eine erneute Verringerung. Potentielle Käufer werden verständlicherweise einen viel geringeren Preis zahlen, da sie davon ausgehen müssen, dass der Motor und besonders der Dieselpartikelfilter einem erhöhten Verschleiß unterlagen. Der Austausch eines solchen Filters ist sehr teuer. Auch der Markt zeigt, dass betroffene Fahrzeuge einen Wertverlust von bis zu 25 % erleiden.
Die Teilnahme an der Rückrufaktion wird durch diese aktuellen Entwicklungen immer fragwürdiger. VW-Käufer sollten stattdessen ihre Rechte wahrnehmen und vom Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz verlangen
Verunsicherung durch Abweisung der Klage eines Geschädigten durch Landgericht Bochum unnötig
Kunden des VW-Konzerns, die planen, vom Kaufvertrag zurückzutreten, um ihr Auto zurückzugeben und ihr Geld zurückzuerhalten, könnten durch das wenige Tage alte Urteil des Landgerichts Bochum verunsichert sein. Das bundesweit erste Urteil dieser Art wies die Klage eines Käufers zurück mit der Begründung, der Mangel wäre lediglich gering und relativ günstig zu beheben, stelle also keine erhebliche Pflichtverletzung dar.
Es besteht kein Grund zur Verunsicherung. In erster Linie steht die Argumentation des Richters, der Mangel wäre einfach zu beheben, durch die Schwierigkeiten bei der Instandsetzung, die sich beispielsweise in der Verzögerung beim Passat offenbaren, auf wackeligen Beinen. Wann ein Mangel erheblich ist, ist stets auch eine Wertungsfrage. Andere Gerichte sprachen Käufern bereits bei wesentlich geringeren Mängeln als bei den vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen einen sofortigen Rücktritt zu. Zudem entschied ein Einzelrichter den Fall.
Es ist fraglich, ob ein einzelner Richter sich mit allen Rechtsfragen beschäftigen konnte. So wurden zentrale Punkte, die der Bundesgerichtshof bei der Rückabwicklung von Verträgen betrachtet, nicht erörtert. Beispielsweise fehlen Hinweise zu dem nach der Nachbesserung bleibenden Wertverlust des Fahrzeugs und den technischen Problemen bei Softwarelösung. Das Gericht teilte selbst auch mit, dass auch ein anderes Ergebnis möglich wäre. Demnach hat das Urteil des Landgerichts keinesfalls richtungsweisende Bedeutung. Eine Berufung zum Oberlandesgericht Hamm wurde bereits angekündigt. Zudem trifft das Urteil keine Entscheidung darüber, ob Schadensersatz geltend gemacht werden kann.
Lassen Sie sich nicht verunsichern!