Ist die Corona-Krise ein Kündigungsgrund?

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Im Zuge der Corona-Krise kommt es aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation zu zahlreichen betriebsbedingten Kündigungen. Ganze Branchen in Deutschland kämpfen ums Überleben, viele Gastronomen mussten ihre Lokale schließen und schon rund 750.000 Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet. Immer häufiger kommt es auch zu Kündigungen. Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten jetzt für Entlassungen? Ist die Corona-Krise ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine Kündigung sollte immer das letzte Mittel der Wahl sein. Arbeitgeber müssen also zunächst prüfen, ob es Alternativen gibt. Zurzeit unterstützen Bund und Länder Unternehmen schließlich mit umfangreichen Finanzhilfen, um Entlassungen zu verhindern. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die vorübergehende Einführung von Kurzarbeit.

Die Arbeitsgerichte werden jetzt in einem Kündigungsschutzprozess im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sehr genau untersuchen, ob sich die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie durch betriebsbedingte Kündigungen einfach auf die Beschäftigten abwälzen lassen und ob dieser Schritt wirklich notwendig ist, um den Betrieb zu retten. Wenn ein vorübergehender Auftragsmangel mit Kurzarbeit überbrückt werden kann, ist eine betriebsbedingte Kündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam.

Das Arbeitsrecht gilt trotz Corona

Arbeitnehmer, die länger als ein halbes Jahr in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt sind, genießen Kündigungsschutz. Das bedeutet: Arbeitgeber brauchen für eine Kündigung einen triftigen Kündigungsgrund. Das kann ein verhaltensbedingter, personenbedingter oder betriebsbedingter Kündigungsgrund sein.

Bei Kündigungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Unternehmens infolge der Corona-Pandemie kommt es darauf an, ob tatsächlich ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Sollte es jetzt zu Kündigungen kommen, die mit der Corona-Pandemie begründet werden, können Arbeitnehmer sich in den meisten Fällen erfolgreich dagegen wehren.

Corona-Pandemie kein Kündigungsgrund

Die erste Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung ist ein dringendes betriebliches Erfordernis. Das können Faktoren wie Auftragsmangel oder Absatzschwierigkeiten sein. Allerdings muss dann zum Zeitpunkt der Kündigung feststehen, dass der Beschäftigungsbedarf in Zukunft entfällt. Das ist nur möglich, wenn die Folgen der Krise absehbar sind. Weil das nicht klar ist, dürfen Arbeitgeber nicht „vorsichtshalber“ kündigen. Ein pauschaler Hinweis auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten während der Corona-Pandemie ist demnach kein Kündigungsgrund.

Betriebsbedingte Gründe sind Auftragsmangel, Absatzschwierigkeiten, Veränderung der Marktstruktur oder Umsatzrückgang, die sich unmittelbar auf den Betrieb des Arbeitgebers auswirken. Der Arbeitgeber kann sich als Kündigungsgrund aber nicht einfach auf allgemeine arbeitsmarkt-, beschäftigungs- oder sozialpolitische Überlegungen berufen.

Wenn die Corona-Pandemie längerfristig zu Arbeitsausfällen und Auftragsrückgängen führt, dürfte es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, aber auch in dem Fall müssten dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Kündigung unausweichlich machen. Der Arbeitgeber müsste im Kündigungsschutzprozess den Nachweis erbringen, dass die Beschäftigung tatsächlich dauerhaft weggefallen ist. Das dürfte derzeit im Einzelfall nur schwer zu begründen sein. Schließlich ist aktuell noch unklar, wie lange die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie andauern werden.

Überbrückung der wirtschaftlichen Krise

Zur Abfederung der Corona-Krise stellen Bund und Länder umfangreiche finanzielle Hilfsprogramme zusammen und vergeben zum Teil zinslose Darlehen, damit betroffene Unternehmen über die Runden kommen. Auch die Voraussetzungen für Kurzarbeit wurden erheblich gelockert. Diese Maßnahmen werden von den Arbeitsgerichten berücksichtigt, wenn sie prüfen, ob eine betriebsbedingte Kündigung verhältnismäßig ist. Wenn Alternativen zur Verfügung stehen, gilt eine Kündigung nicht als unvermeidbar.

Manche Unternehmen schließen vorübergehend, doch auch eine vorübergehende Schließung kann eine Kündigung nur in besonderen Fällen rechtfertigen. Der Unternehmer müsste in dem Fall die ernsthafte Absicht haben, seine Produktion für eine wirtschaftlich erhebliche Zeitspanne einzustellen beziehungsweise die Dienstleistung in absehbarer Zeit nicht mehr zu anzubieten. Diese Absicht kann zum Beispiel dadurch belegt werden, das Pacht- und Mietverträge gekündigt oder Maschinen und Anlagen verkauft werden.

Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen

Sollte ein Arbeitsplatz tatsächlich dauerhaft wegfallen und es keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung in anderen Bereichen geben, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Sie legt fest, nach welchen sozialen Kriterien die Mitarbeiter ausgewählt werden, die von der Kündigung betroffen sein könnten. Das sind alle vom Arbeitsplatzwegfall betroffenen vergleichbaren Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl soll dafür sorgen, dass nicht einfach älteren, schwerbehinderten oder unliebsamen Arbeitnehmern in Krisenzeiten gekündigt werden kann.

Die Auswahl hängt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung ab. Betriebsbedingt gekündigt werden daher eher junge, unverheiratete und gesunde Mitarbeiter, die noch nicht lange im Unternehmen beschäftigt sind. Wer aufgrund besonderer Kenntnisse oder Leistungen nicht zu ersetzen ist, kann aber aus der Sozialauswahl herausgenommen werden.

Betriebsbedingte Kündigung: Form, Fristen und Abfindung

Bei Kündigungen gelten bestimmte formale Regeln und Fristen, die einzuhalten sind: Eine betriebsbedingte Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Empfänger im Original zugestellt werden. Wirksam wird sie erst ab dem Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Kündigungserklärung beim betroffenen Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss im Streitfall beweisen, dass der Arbeitnehmer die Kündigung tatsächlich erhalten hat. Außerdem muss die Kündigungsfrist eingehalten werden, die im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Gibt es keine Regelungen dazu, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.

Unterliegt das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutzgesetz, gibt es möglicherweise einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben dann ein Angebot nach § 1a KSchG unterbreiten. Er bietet an, eine Abfindung zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet.

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