Kurzarbeit – was bedeutet das für Urlaub, Überstunden und Kündigung?

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Durch die Corona-Pandemie brechen vielen Unternehmen Aufträge weg und sie müssen Kurzarbeit anmelden – eine vorübergehende Verringerung der regulären Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich. Etwa zehn Millionen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten zurzeit reduziert oder gar nicht. Was bedeutet Kurzarbeit für Urlaubsansprüche, Überstunden, Kündigung und Krankheit der Beschäftigten?

Was bedeutet Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist eine vorübergehende Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit. Sie kann entweder alle Angestellten eines Unternehmens treffen oder nur einige. Die betroffenen Arbeitnehmer arbeiten in Kurzarbeit für einen befristeten Zeitraum weniger Stunden als im Arbeitsvertrag vereinbart. Kurzarbeit kann sogar bedeuten, dass überhaupt nicht gearbeitet wird. Der komplette Wegfall der Arbeit wird als „Kurzarbeit Null“ bezeichnet.

Das Unternehmen zahlt bei Kurzarbeit nur noch Gehalt und Sozialabgaben in dem prozentualen Umfang, in dem der Mitarbeiter arbeitet. Reduziert sich die Arbeitszeit zum Beispiel auf 50 Prozent, zahlt der Arbeitgeber nur noch die Hälfte des Gehalts und der Sozialabgaben. Dazu kommt ein sogenanntes Kurzarbeiterentgelt, das die Agentur für Arbeit übernimmt.

Beschäftigte erhalten 60 bis 67 Prozent ihres Netto-Entgelts. Die Agentur für Arbeit erstattet die monatlichen Entgeltkosten nachträglich, um das Unternehmen finanziell zu entlasten. „So kann ein vorübergehender Arbeitsausfall bis zu 12 Monate lang (in Teilen) ausgeglichen werden“, heißt es auf der Seite der Agentur für Arbeit.

Kann ich während der Kurzarbeit Urlaub nehmen?

Besteht noch Anspruch auf Urlaub, kann es sinnvoll sein, ihn während der Phase der Kurzarbeit zu nehmen, um Verdienstausfälle zu vermeiden. Der Arbeitgeber muss dann nämlich das Urlaubsentgelt in der üblichen Höhe zahlen. Das Kurzarbeitergeld entfällt während der Urlaubstage. Allerdings ist das Arbeitsrecht bei Kurzarbeit hier nicht eindeutig geregelt.

Nach deutschem Recht können Urlaubsansprüche in Kurzarbeit angepasst werden, wenn sich die Anzahl der Arbeitstage verringert. In Zeiten von Kurzarbeit Null könnte der Urlaubsanspruch ganz entfallen. Gemäß einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist es möglich, seinen Angestellten während der Kurzarbeit auch den Urlaubsanspruch zu reduzieren (für Kurzarbeit Null zuletzt EuGH, Urt. v. 13. Dezember 2018 – C-385/17; für eine Gewährung pro rata temporis EuGH, Urt. v. 8. November 2012 – C-229/11, C-230/11).

Es wird argumentiert, dass Arbeitnehmer in Kurzarbeit die gewonnene Zeit nutzen können, um sich auszuruhen oder Freizeittätigkeiten nachzugehen. Während der Kurzarbeit kann der Arbeitnehmer – ähnlich wie in einer Teilzeitbeschäftigung mit reduzierten Arbeitstagen – über seine Zeit frei verfügen. Folglich darf auch der Urlaubsanspruch entsprechend gekürzt werden, bis hin zur vollständigen Streichung bei Kurzarbeit Null.

Ob das deutsche Recht bei Reduzierung der Arbeitszeit auf Null einen kompletten Wegfall des Urlaubsanspruchs zulässt, ist allerdings umstritten und muss noch vom Bundesarbeitsgericht geklärt werden. Arbeitgeber sollten deshalb in Vereinbarungen über die Einführung der Kurzarbeit ausdrücklich die anteilige Kürzung bzw. den Wegfall von Urlaubsansprüchen für Zeiten der Kurzarbeit klären.

Sind während der Kurzarbeit Überstunden zulässig?

Bevor Kurzarbeit beantragt wird, müssen Arbeitnehmer zunächst ihre angesammelten Überstunden abbauen. Erst danach gilt der Arbeitsausfall als unvermeidbar. Während der Kurzarbeit darf der Arbeitgeber keine Überstunden anordnen. Kurzarbeit bedeutet, dass nicht genug Arbeit da ist, um Angestellte regulär zu beschäftigen. Überstunden stehen dazu in Widerspruch, denn offenbar gibt es doch genug Arbeit.

Arbeitnehmer wie Arbeitgeber begeben sich mit Überstunden auf dünnes Eis: Wenn Angestellte Überstunden leisten, zugleich aber für die „reduzierte Arbeitszeit“ Kurzarbeitergeld beziehen, gilt das als Leistungsmissbrauch. Ein Arbeitgeber, der während der Kurzarbeit Überstunden anordnet, macht sich des Betrugs schuldig. Lässt sich der Arbeitnehmer auf die Überstunden ein, leistet er Beihilfe zum Betrug. Beiden drohen hohe Geldstrafen oder sogar mehrjährige Freiheitsstrafen. Wer trotz Kurzarbeit aufgefordert wird, Überstunden zu leisten, sollte das also verweigern und seinen Chef auf die Strafbarkeit aufmerksam machen.

Sind trotz Kurzarbeit Kündigungen möglich?

Grundsätzlich gibt es während der Kurzarbeit keine Besonderheiten bei Kündigungen, wenn es sich um personen- oder verhaltensbedingte Kündigungen handelt. Bei wiederholten Verstößen gegen den Arbeitsvertrag, etwa unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit, kann wirksam gekündigt werden.

Eine Ausnahme stellen jedoch betriebsbedingte Kündigungen dar. Kurzarbeit soll betriebsbedingte Kündigungen verhindern. Deshalb sind betriebsbedingte Kündigungen während laufender Kurzarbeit sozialwidrig, wenn sie auf denselben Gründen beruhen, wegen denen die Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt wurden. Kommen allerdings neue Gründe dazu, die zu einer betriebsbedingten Kündigung berechtigen, kann auch während laufender Kurzarbeit betriebsbedingt gekündigt werden.

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Wie sind Kurzarbeit und Krankheit geregelt?

Wer während der Kurzarbeit wegen Krankheit arbeitsunfähig geschrieben wird, hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die reduzierte Arbeitszeit, die für die Kurzarbeit vereinbart wurde. Auch der Anspruch auf das Kurzarbeitergeld besteht weiter.

Hat ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, weil er Krankengeld bezieht, entfällt auch der Anspruch auf das Kurzarbeitergeld. Zur Berechnung des Krankengeldanspruchs wird in der Kurzarbeit das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das der Arbeitnehmer vor Einführung der Kurzarbeit erhalten hat.