Nachträgliche Änderung von Arbeitsverträgen möglich

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Vereinbarungen im Arbeitsvertrag können über Betriebsvereinbarungen vom Arbeitgeber geändert werden. Der 5. Senat am Bundesarbeitsgericht (BAG) will sich am 18. März mit der sogenannten konkludent betriebsvereinbarungsoffenen Ausgestaltung von Arbeitsverträgen befassen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Bislang urteilten die verschiedenen Senate unterschiedlich.

Betriebsvereinbarungsoffen bedeutet, dass der Arbeitgeber durch Betriebsvereinbarungen Arbeitsbedingungen auch zu Lasten des Arbeitnehmers ändern kann. Im konkreten Fall geht es darum, dass sich ein tarifgebundener Arbeitgeber und sein im Außendienst tätiger Arbeitnehmer über Vergütungsansprüche streiten.

Der Mitarbeiter war regelmäßig von zu Hause aus zum ersten Kunden gefahren und abends vom letzten Kunden nach Hause zurück. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gehören Fahrten eines Außendienstmitarbeiters zum und vom Kunden zur Arbeitszeit. Der Arbeitgeber hat die Fahrzeit jedoch weder im Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters berücksichtigt noch vergütet. Die Begründung: Eine Betriebsvereinbarung regelt, dass Reisezeiten zum ersten Kunden und vom letzten Kunden erst zur Arbeitszeit zählen, wenn länger dauern als 20 Minuten.

Betriebsvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers erlaubt

Der Mitarbeiter klagte auf Gutschrift oder Vergütung der Fahrzeiten, doch das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Arbeitgeber dürfe die Frage der Vergütung der Arbeitszeit in der Betriebsvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers regeln (Urt. v. 14.12.2018, Az. 10 Sa 96/18).

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre Verträge also „betriebsvereinbarungsoffen“ gestalten. Durch diese arbeitgeberfreundliche Regelung sparen sich Arbeitgeber den Weg über individuelle Änderungsvereinbarungen. Die betriebsvereinbarungsoffene Vertragsgestaltung ermöglicht ihnen vielfältige Eingriffsmöglichkeiten in Arbeitsverhältnisse. Deshalb unterliegt sie der Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) und muss transparent sein. Unklar ist jedoch, wie eine transparente Vertragsgestaltung aussieht.

Wann kann der Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen treffen?

Wenn eine Öffnung vereinbart wurde, kann eine Betriebsvereinbarung die Arbeitsbedingungen auch verschlechtern. Widersprechen sich Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge, entfällt das Günstigkeitsprinzip, demzufolge die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung gilt. Der 1. und 3. Senat haben die konkludente Betriebsvereinbarungsoffenheit zum Beispiel für individualrechtliche Zusagen betrieblicher Altersversorgung, einer betrieblichen Übung und in Bezug auf eine Jubiläumszuwendung bestätigt.

Der 4. Senat befand hingegen, dass sich der Arbeitnehmer darauf verlassen können muss, dass sein Arbeitsvertrag nicht nachträglich zu seinen Lasten geändert wird – falls das nicht ausdrücklich vereinbart sei. Doch die anderen Senate halten an der möglichen Änderung von Arbeitsbedingungen fest, selbst wenn das nicht ausdrücklich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart wurde.

Arbeitnehmer muss mit Änderungen rechnen

Ein Arbeitnehmer muss bei Vertragsschluss mit einer Änderung der Arbeitsbedingungen rechnen, wenn diese Bedingungen für eine Vielzahl von Mitarbeitern gelten. Die konkludente Betriebsvereinbarungsoffenheit basiert darauf, dass der Arbeitgeber ein Interesse an einer Vereinheitlichung haben kann, die er mit dem Betriebsrat umsetzen kann. Individuell ausgehandelte Arbeitsbedingungen können aber nicht verändert werden.

Die Rechtsprechung zur konkludenten Betriebsvereinbarungsoffenheit von Arbeitsverträgen wird also am 18. März geklärt. Bis dahin sollten Arbeitgeber ihre Arbeitsverträge ausdrücklich betriebsvereinbarungsoffen gestalten.