BGH: Direktbanken müssen bei Kenntnis falscher Anlageberatung durch vorgeschaltete Wertpapiergesellschaft warnen

Veröffentlicht am in Bank- und Kapitalmarktrecht

In seinem Urteil vom 19.03.2013 hat der BGH entschieden, dass Direktbanken ihre Kunden warnen müssen, wenn sie von einer fehlerhaften Beratung durch ein vorgeschaltetes Beratungsunternehmen Kenntnis haben oder die Fehlberatung objektiv evident ist.

Andernfalls haften sie auf Schadensersatz. Die Beweispflicht liegt jedoch beim Kapitalanleger. Die Grundsätze des institutionalisierten Zusammenwirkens finden keine Anwendung.

Der Sachverhalt

Die Klägerin eröffnete im Januar 2005 über die Accessio Wertpapierhandelshaus AG bei der Beklagten ein sogenanntes Zins-Plus-Konto. Dabei handelte es sich um ein Tagesgeldkonto mit einer jährlichen Verzinsung von 4,5 %, das zwingend mit einem Depotvertrag zur etwaigen Einbuchung von Wertpapieren verbunden war (sogenanntes Depotkonto). Die Verzinsung von 4,5 % lag deutlich über dem Marktzins. Zwischen der Accessio und der Beklagten war vereinbart, dass in ihrem Verhältnis die Beklagte lediglich den Marktzins zu zahlen hatte und die Accessio der Beklagten die Differenz zu den an die Kunden zu zahlenden 4,5 % erstatten musste. Ziel der Accessio war es, die Tagesgeldkunden möglichst schnell aus diesem für sie verlustreichen Geschäft in komplexere Finanzinstrumente zu überführen und dafür Provisionen zu erzielen. Zwischen der Accessio und der Beklagten gab es eine Rahmenvereinbarung, in der ihre Zusammenarbeit geregelt war. Auf Beratung eines Mitarbeiters der Accessio tätigte die Klägerin in der Zeit von 29.01.2007 bis 01.12.2008 zahlreiche Käufe von Inhaber-Teilschuldverschreibungen, Inhaberaktien und Genussscheinen im Nennwert von insgesamt 49.898 Euro. Nach einem verlustreichen Verkauf der Genussscheine sowie der Inhaberaktien verlangt die Klägerin unter Anrechnung erhaltener Ausschüttungen im Wege des Schadensersatzes Zahlung von 46.059,78 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Inhaberteilschuldverschreibungen. Ihre Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Die Entscheidung

Der BGH hob das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Zur Begründung führten die Richter aus, dass ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung nicht bestehe.

„Denn zwischen einem Kapitalanleger und einer Direktbank, die ausdrücklich allein sogenannte Execution-only-Dienstleistungen als Discount-Brokerin anbietet, kam kein stillschweigend geschlossener Anlageberatungsvertrag zustande. Eine Zurechnung etwaiger Beratungsfehler eines vom Kapitalanleger mit seiner Beratung beauftragten selbständigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens über § 278 BGB scheide in der Regel aus, weil die Beratung nicht zum Pflichtenkreis einer solchen Direktbank gehöre.“

Der BGH bejahte allerdings eine haftungsbewehrte Warnpflicht als Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB der Execution-only-Dienstleistung, sofern die kundenfernere Direktbank die tatsächliche Fehlberatung des Kunden bei dem in Auftrag gegebenen Wertpapiergeschäft entweder positiv kennt oder wenn diese Fehlberatung aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist. Hierfür trage jedoch der Kapitalanleger die Darlegungs- und Beweislast. Die im Rahmen der Haftung der kreditgebenden Bank infolge eines konkreten Wissensvorsprungs entwickelte Beweiserleichterung bei institutionalisiertem Zusammenwirken sei auf die Zusammenarbeit zweier Wertpapierdienstleistungsunternehmen hinsichtlich der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nicht übertragbar.