BGH: Über Telefon oder E-Mail erworbene Lehman-Zertifikate sind nicht nach den Regeln über Fernabsatzgeschäfte widerrufbar

Veröffentlicht am in Bank- und Kapitalmarktrecht

Mit Urteil vom 27.11.2012 (Az.: XI ZR 439/1) hat der BGH entschieden, dass Anleger, die Lehman-Zertifikate per Telefon oder E-Mail erworben haben, ihre auf Abschluss der Erwerbsverträge mit der Bank gerichtete Willenserklärung nicht nach den Regeln über den Fernabsatz widerrufen können. Somit besteht keine Möglichkeit für Erwerber von Zertifikaten der insolventen Lehman Brothers Gruppe, ihre investierten Gelder zurückzuerlangen.

Der Sachverhalt

Die Kläger des Verfahrens begehrten die Rückabwicklung des Erwerbs von Zertifikaten. Die Zertifikate waren auf Empfehlung der beklagten Banken telefonisch oder per E-Mail erworben worden, ohne dass die Kläger über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden waren. Beide Kläger widerriefen sämtliche Vertragserklärungen gegenüber der beklagten Bank und verlangten aus eigenem und abgetretenem Recht ihrer Ehepartner die Rückzahlung des Anlagebetrages.

Die Entscheidung

BGH verwies auf den gesetzlichen Widerrufsausschluss nach § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB. Dieser greift, wenn Gegenstand des Vertrages die Verschaffung von Finanzdienstleistungen ist, deren Preis innerhalb der Widerrufsfrist Schwankungen auf dem Finanzmarkt unterliegt und der Preis dem Einfluss des Unternehmers entzogen ist. Ziel der Regelung ist eigentlich, den Verkäufern vor Spekulationen zu seinen Lasten zu schützen.

„Als Preis ist dabei nicht nur ein Börsen- oder Marktpreis zu verstehen, der für das Produkt selbst auf dem Finanzmarkt gezahlt werde, sondern dieser könne im Sinne des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB vielmehr auch die Parameter erfassen, von denen der Wert des Finanzprodukts abhänge.“

In den vorliegenden Fällen sei der Wert der Zertifikate von nicht beeinflussbareren Entwicklungen dreier Aktienindizes abhängig gewesen, welche von der beklagten Bank nicht beeinflussbaren Schwankungen auf den Finanzmärkten unterworfen gewesen seien.