AG Neukölln: Kein Fußballlärm nach 22 Uhr

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Berlin – Weil es während des Fußballspiels Deutschland gegen Ghana am vergangenen Sonnabend zu laut wurde, erließ das Amtsgericht Neukölln (AG Neukölln, Beschl. v. 25.06.14, Az. 17 C 1004/14) auf Antrag einer Mandantin der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN gegen ein benachbartes Ehepaar aus Rudow eine einstweilige Verfügung. Danach ist es dem Ehepaar nun unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR untersagt, nach 22 Uhr für die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft Lärm zu verursachen, durch den die Nachbarschaft gestört werden könnte.

Rechtsanwalt Johannes von Rüden, der die Antragstellerin vertrat, sagte am Donnerstagnachmittag: „Das Gesetz schützt auch diejenigen, die nicht Fußball sehen wollen und auf eine ungestörte Nachtruhe angewiesen sind.“ Das Gericht stützte die einstweilige Verfügung auf §§ 1004, 906 BGB, wonach dem Grundstückseigentümer ein Abwehrrecht zusteht, wenn sogenannte unwägbare Stoffe, wozu auch Geräusche gehören, auf das Grundstück dringen.

Der Tenor der Entscheidung lautet:

„Den Antragsgegnern wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, bis zum 14. Juli 2014 während der Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft außerhalb der Wohnung der Antragsgegner auf dem Grundstück […] einschließlich des Balkons und der Terrasse der Wohnung der Antragsgegner nach 22.00 Uhr Lärm, insbesondere in Form von gemeinschaftlichem Gesang, Gegröle und lauten Rufen zu verursachen oder durch Familienangehörige oder Besucher verursachen zu lassen, durch den die Antragstellerin oder andere Mitbewohner des Grundstücks […] in ihrer Nachtruhe gestört werden. Den Antragsgegnern wird aufgegeben, die Fenster und Außentüren ihrer Wohnung während der Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft bis zum 14. Juli nach 22.00 Uhr geschlossen zu halten im Falle des Empfangs der Fernseh-, Internet- und Rundfunkübertragung“.

„Meine Mandantschaft war nicht dazu verpflichtet, kneipenhaftes Gejohle und den Gesang hinzunehmen“, ergänzte von Rüden. Für private Veranstaltungen gelten in Berlin keine Ausnahmen. Wer Fußball sehen will, muss sich an die allgemeine Nachtruhe ab 22 Uhr halten. Ausnahmen können nur von den Ordnungsämtern der Bezirke für öffentliche Fernsehdarbietungen (PublicViewing) erteilt werden. Den Antragsgegnern wurde zudem aufgelegt, während der Spiele der deutschen Nationalmannschaft die Türen und Fenster geschlossen zu halten, sofern sie sich ein Spiel nach 22 Uhr ansehen.

Update

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hatte das Amtsgericht Neukölln nach der Fußball-WM noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, denn die Verfügungsbeklagten hatten gegen die einstweilige Verfügung während der Weltmeisterschaft Widerspruch eingelegt. In seiner Begründung führt das Gericht aus:

„Der Verfügungsklägerin als Eigentümerin des Grundstücks [Straße und Hausnummer] steht grundsätzlich gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 3 Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin gegen die Verfügungsbeklagten ein Anspruch auf Unterlassung ruhestörenden Lärms nach 22:00 Uhr zu, wobei jeglicher Lärm zu unterlassen ist, der geeignet ist, die Nachtruhe zu stören. Dabei muss es sich um erhebliche Lärmstörungen handeln, einzelne Rufe und Jubelschreie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit erzielten Toren während der Übertragung eines Fußballspiels im Rahmen einer Fußballweltmeisterschaft, einem Ereignis von großem nationalem Interesse, sind dabei hinzunehmen. Ein Unterlassungsanspruch besteht jedoch, wenn diese Grenze überschritten wird und durch laute Gesänge, Gegröle und Rufe auch außerhalb der jeweiligen Wohnung die Nachtruhe der Nachbarn in erheblicher Weise beeinträchtigt wird.“

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