Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem aktuellen Urteil (Urt. v. 16.07.2015 – Az.: C-580/13) klargestellt, dass das bestehende Bankgeheimnis ein Unternehmen nicht daran hindert, im Falle von Online-Markenverletzungen einen Auskunftsanspruch geltend zu machen. Werden im Internet gefälschte Waren verkauft, müssen Banken den Geschädigten künftig Auskunft über Kontoinhaber geben. Bisher wurde das mit Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigert.
Hintergrund
Die Klägerin war Inhaber bestimmter Markenrechte aus dem Parfümbereich. Über Online-Portale wurden immer wieder Fälschungen verkauft. Um die Täter ausfindig zu machen, wandte sich die Klägerin an eine Stadtsparkasse und verlangte über den Inhaber eines Kontos, das der Täter angegeben hatte, Auskunft. Die Geschäfte wurden über ein Konto der Sparkasse abgewickelt – so viel war unstrittig. Unter Berufung auf das Bankgeheimnis jedoch hatte die Sparkasse die Daten des Kontoinhabers jedoch nicht herausgegeben.
Recht auf geistiges Eigentum überwiegt
Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich bereits mit dem Fall zu beschäftigen und ihn dann dem EuGH vorgelegt. Unmissverständlich gaben die Karlsruher Richter ihren europäischen Kollegen damals mit auf den Weg, wie sie zum bisher strengen Bankgeheimnis stehen.
Der damalige Vorsitzende des entscheidenden Senats – begründete das gegenüber dem EuGH damit, dass Banken zur Auskunft verpflichtet werden müssten, um derartige Rechtsverletzungen effektiv verfolgen zu können. Sein damaliges Fazit: „Das Bankgeheimnis muss dahinter zurückstehen.“
Die Luxemburger Richter folgten nun der Einschätzung der deutschen Richter. Sie entschieden, dass es mit der geltenden Rechtslage unvereinbar ist, wenn das Bankgeheimnis unbegrenzt und bedingungslos einen berechtigten Auskunftsanspruch verhindert. Vielmehr wiegt das Recht des geistigen Eigentums in solchen Fällen stärker als der Schutz personenbezogener Daten. Andernfalls würden nämlich die legitimen Interessen des jeweiligen Rechteinhabers untergraben. Banken und Sparkassen können sich demnach nicht mehr auf ihr Bankgeheimnis berufen.
Die Europa-Richter hatten dabei nicht zu entscheiden, wann nun genau ein solcher Auskunftsanspruch berechtigt und wann er dies eben nicht ist. Diese Frage wird vielmehr nun der BGH zu beantworten haben. Das aktuelle Urteil bedeutet nämlich nicht, dass der Rechteinhaber immer und ausnahmslos einen Auskunftsanspruch hat. Vielmehr beinhaltet es nur die Aussage, dass durch das Bankgeheimnis nicht generell und grundsätzlich solche Auskunftsbegehren von vornherein ausgeschlossen sind.
Anmerkung
Nun ist es Aufgabe des Bundesgerichtshofs, die deutschen Regelungen zum Bankgeheimnis zu prüfen und zu entscheiden, ob sie genügend Raum für eine angemessene Abwägung der Interessen zulassen. Bejahen die Karlsruher Richter dies, so ist – entgegen anderslautender Befürchtungen – weder das Auskunftsrecht noch das Bankgeheimnis nachhaltig in Gefahr. Die Gerichte werden vielmehr im Einzelfall prüfen und bewerten müssen, welches Interesse überwiegt. Hier sollte der Bundesgerichtshof den Instanzgerichten allerdings Leitlinien an die Hand geben.