Ist es erlaubt, fremde E-Mails im Internet zu veröffentlichen? Das Saarländische Oberlandesgericht (Saarländisches OLG, Urt.v. 13.06.12, Az.: 5 U 5/12) hatte über diese Frage im vergangenen Jahr zu entscheiden. Die Urteilsbegründung liegt jetzt vor. Dabei kommt das Oberlandesgericht zu einem Ergebnis, das eine schwierige Gratwanderung zwischen Allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit darstellt.
In dem Fall hatte ein Blogger ein Schreiben von einem Schufa-Dienstleister im Internet veröffentlicht. Daneben waren noch einige weitere Schreiben veröffentlicht worden, die begründen sollten, warum Anfragen an den Dienstleister gar nicht oder nur mit langer Verzögerung beantwortetet wurden. Nachdem die E-Mails an den Blogger im Internet veröffentlicht wurden, ließ der Absender den Blogger erfolglos anwaltlich abmahnen. Anschließend erließ das Landgericht Saarbrücken (LG Saarbrücken, Urt. v. 16.12.11, Az.: 4 O 287/11) die begehrte einstweilige Verfügung gegen den Blogger.
Hiergegen ging dieser aber wiederum vor und zog vor das Oberlandesgericht, das die ursprüngliche einstweilige Verfügung aufhob. Das Saarländische Oberlandesgericht bezeichnete die Aufforderung (Tenor der einstweiligen Verfügung), „im Internet, insbesondere auf der Homepage […] Inhalte von mittels Telefax oder Post übermittelten Briefen sowie Inhalte von E-Mails wörtlich wiederzugeben, die der Verfügungskläger an die Verfügungsbeklagte versendet hat, soweit diese mit einem Vertraulichkeitsvermerk versehen sind“, als unverhältnismäßig.
OLG Saarland: „Vertraulichkeitsvermerk“ nicht notwendig
Das Gericht wies darauf hin, dass der Abdruck eines Schreibens, das nur für einen bestimmten Empfänger gedacht ist, eine unerlaubte Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen kann. Nach dem Grundgedanken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts soll der Einzelne grundsätzlich selber darüber entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will, und ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob und wie er mit einer eigenen Äußerung hervortreten will. Richtigerweise stellt das Oberlandesgericht fest, dass hierfür kein Vermerk am Ende der E-Mail notwendig ist, wie er oftmals in geschäftlichen E-Mails verwendet wird.
Geschäftliche E-Mails sind aber der Sozialsphäre zuzurechnen
Allerdings kann die Veröffentlichung von E-Mails ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte – nämlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Absenders auf der einen Seite und der Meinungsfreiheit des Empfängers auf der anderen Seite – dazu führt, dass dem Grundrecht des Bloggers auf freie Meinungsäußerung der Vorzug zu gewähren ist. Dies war vorliegend der Fall: Es bestünde ein hohes Interesse an der Frage, warum Auskunftsersuchen unbeantwortet geblieben sind.
Zudem sind die Aussagen des Absenders aus dem E-Mail-Verkehr weder seiner Intimsphäre noch seiner Privatsphäre zuzurechnen – die grundsätzlich einen höheren Schutz verdienen – sondern seien eher Teil seiner durch geschäftliche Tätigkeiten geprägten Sozialsphäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen Umstände aus der Sozialsphäre nur dann mit negativen Sanktionen verknüpft werden, wenn schwerwiegende Folgen zu fürchten seien, etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder eine Prangerwirkung. Vorliegend konnte aber von derartigen Folgen keine Rede sein.