Hintergrund zur Google-Kampagne gegen den Regierungsentwurf zum Leistungsschutzrecht der Presseverleger
Die deutsche Google-Startseite hat derzeit einen Zusatz: „Verteidige dein Netz“ liest man unterhalb des Sucheingabe-Feldes. Mit dieser aktuellen Kampagne wendet sich der Konzern offen gegen eine geplante Gesetzesänderung der Bundesregierung.
Der aktuelle Gesetzentwurf
Am vergangenen Donnerstag hat der deutsche Bundestag in erster Lesung zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger lebhaft debattiert. Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung des Urhebergesetzes vor. Ziele sind laut Gesetzesbegründung die rechtliche Gleichstellung von Presseverlagen im Online-Bereich und eine Verbesserung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet. Das heftig umstrittene Leistungsschutzrecht soll den Presseverlegern “das ausschließliche Recht” geben, “das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen”, so der Wortlaut des vorgeschlagenen § 87 f Abs. 1 UrhG. Im Kern geht es um eine lizenzgebundene Nutzung von Presseinhalten für gewerbliche Nutzer, also speziell Suchmaschinen-Betreiber. Auch gewerbliche Blogger können davon betroffen sein.
Beabsichtigt wird damit unter anderem, dass Suchmaschinen-Betreiber künftig ein Entgelt an die Verlage für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Presseerzeugnisse zahlen sollen. Die reine Verlinkung soll davon nicht erfasst sein, wohl aber die bislang übliche Darstellung von Textausschnitten bei Suchergebnissen (sogenannten Snippets) oder die ebenfalls gängige Verwendung von Überschriften als Link. Bei einer Umsetzung des neuen Presseschutzes in geltendes Recht würden bei einer Suchanfrage dann nur noch diejenigen Beiträge erscheinen, für die der Suchmaschinen-Betreiber bzw. der gewerbliche Nutzer eine Lizenz erworben hat. Würde dennoch ein von der neuen Regelung geschützter Inhalt auftauchen, würde dies die bekannten Folgen bei Urheberrechtsverletzungen nach sich ziehen: Abmahnung, Unterlassung, Schadensersatz.
Zahlreiche Verbände und Fachkreise sprechen sich entschieden gegen den Gesetzesentwurf aus.
In Frage gestellt wird in den aktuellen Diskussionen vor allem die Notwendigkeit der Gesetzesänderung. Freie Kommunikation und Freiheit der Information im Internet stehen hier einem ohnehin kritisch beäugten Schutzbedürfnis der Presseverleger gegenüber. Stark ist vor allem das Argument der Gegner – die Frage nach einem tatsächlichen Bedürfnis für ein derartiges Leistungsschutzrecht: Seit langem bestehen technische Schutzmaßnahmen, die es den Verlegern ohnehin ermöglichen, bestimmte Inhalte vom Zugriff durch Suchmaschinen auszuschließen. Das neue Schutzrecht begegnet auch praktischen Bedenken: Auf Seiten der Verlage kann kein Interesse daran bestehen, dass ihre Inhalte künftig von Suchmaschinen ignoriert werden. Demgegenüber werden Betreiber von Suchmaschinen eher auf eine Verlinkung deutscher Presseinhalte verzichten als dafür Lizenzgebühren zu zahlen. An dieser Stelle wird das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis von Presseinhalten und Suchmaschinen besonders deutlich. Darüber hinaus verläuft die erfolgreiche Internetrecherche oft nur über die Suchmaschine. Die Verwendung der Suchmaschine erleichtert das zielorientierte Auffinden von Inhalten im Informationsdschungel Internet ungemein.
Auch die insbesondere von juristischen Stimmen kritisierte unpräzise Fassung des Gesetzestextes lässt das neue Presseschutzrecht momentan wenig praktikabel erscheinen. Im nächsten Schritt des Gesetzgebungsverfahrens werden die Fachausschüsse zum Leistungsschutzrecht beraten. Bleibt es nicht nur beim Entwurf des Gesetzes, wäre die Neuregelung (in der derzeitigen Fassung) bei einer Umsetzung in geltendes Recht zudem geeignet, eine neue Abmahnwelle auszulösen.