KG: Verbot verschleierter Werbung gegenüber Kindern

Veröffentlicht am in Internetrecht

Das Kammergericht hat in einem Urteil vom 15.01.2013 (5 U 84/12) entschieden, dass verschleierte Werbung auf einem für Kinder ab 7 Jahren konzipierten Internetportal einen Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG darstellt, sofern keine ausreichende Kennzeichnung als Werbung erfolgt.

Der Sachverhalt

Die Klägerin, der Bundesverband der Verbraucherzentrale und Verbraucherverbände, hatte sich in einem Verfügungsverfahren gegen die Beklagte, die Betreiberin eines Internetportals für Kinder und „Preteens“ ab sieben Jahren, gewandt. Ausgangspunkt der gerichtlichen Auseinandersetzung war die auf einer Unterseite mit dem Titel „Spielen“ mittig zwecks Bewerbung eines Joghurt-Produkts platzierte Animation eines Schneebälle werfenden Elches mit der Aufforderung „Klick und wirf zurück“. Der Elch tauchte in der Folge an unterschiedlichen Positionen innerhalb der Landschaft wieder auf; der Nutzer konnte durch Zielen und Klicken mit der Maus einen Schneeball nach dem Elch werfen. Nach drei Wurfversuchen wurde der Nutzer auf die Seite der Firma Müller weitergeleitet, in der für das Produkt „Joghurt mit der Ecke“ geworben wurde. Unter dem Feld, auf dem der Elch zu sehen ist, befand sich das Wort „Werbung“.

Die Entscheidung

Die Richter hielten die angegriffene Werbung für unlauter und bejahten einen Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG, da keine hinreichend deutliche Kennzeichnung als Werbung erfolgte. Zur Begründung für die deutliche Kennzeichnungspflicht führten sie aus:

„Im Vergleich zu erwachsenen Personen haben Kinder (insbesondere, wenn sie erst sieben Jahre oder kaum älter sind) in aller Regel eine schwächere Aufmerksamkeits- und Lesekompetenz, demgegenüber aber einen stärkeren Spieltrieb, welcher gerade für „bewegte Bilder“ (wie hier) besonders anfällig ist. Das muss im Streitfall in Rechnung gestellt werden, weshalb hier von der Antragsgegnerin zu verlangen wäre, auf den kommerziellen Charakter der in Rede stehenden Werbung wesentlich deutlicher und kindgerechter hinzuweisen, als es hier geschehen ist. Die diesbezüglichen Defizite führen im Streitfall dazu, dass hier das Kind, gerade wenn es von seinen Eltern gelernt hat, sich nur mit den „Inhalten“ der „eigentlichen“ Internetseite zu befassen, aber nicht auf Banner an den „Seitenrändern“ zu klicken, die hier in Rede stehende Werbung für ein Spielangebot „der Seite“ hält und sich nicht bewusst ist, „per Klick und Schneeballzurückwurf“ in die kommerzielle Kommunikation des Anbieters Müller Milch „hineingelockt“ zu werden. Das Wort Werbung wird in der Schnelle des Geschehens nicht gelesen. Das Logo „müller“ muss nicht bekannt sein. Der Jogurtbehälter wird – so er denn erkannt und als solcher wahrgenommen wird – nicht (jedenfalls alles andere als zwingend) als Verkaufsprodukt rezipiert. Abzustellen ist hier aufgrund der konkret gegebenen Sachlage auf eine flüchtige und nicht etwa eine reflektierende Betrachtung der optischen Gegebenheiten.“

Der Einwand der Beklagten, dass die mit der Werbung angesprochene Zielgruppe nicht zu einer geschäftlichen Handlung veranlasst werde, was einen Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG ausschließe, wurde vom Kammergericht nicht gehört. Vielmehr hielten die Richter die beanstandete Gestaltung für geeignet, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte, § 3 Absatz 2 UWG.

„Letzteres ist aber hier sehr wohl der Fall, und zwar auch dann, wenn man mit der Berufung davon ausgehen mag, dass die von der Gestaltung angesprochenen „Kinder und Preteens ab sieben Jahren“ (also Personen von 7-13 Jahren) das beworbene Jogurt-Produkt regelmäßig nicht selbst erwerben, sondern ihre Eltern erwerben „lassen“ (sollen). Denn die geschäftliche Entscheidung ist darin zu sehen, dass die Kinder sich, wenn sie das Spiel spielen, näher mit der Werbung befassen, zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Werbebotschaft (bewusst oder eher auch unbewusst) zu ihren Eltern transportieren und letztere dann (ggf.) das beworbene Produkt kaufen, das sie sonst (möglicherweise) nicht gekauft hätten. Es liegt also – wenn man so will – eine „mittelbare geschäftliche Entscheidung“ der die Werbung rezipierenden Kinder vor.“

Fazit

Die oben genannte Entscheidung ist angesichts des angesetzten Maßstabs für die Beurteilung der Irreführung problematisch. Maßgeblich muss derjenige sein, der geschäftlich handelt, also ebenso wie bei den sonstigen Motivationsfällen die Eltern, welche die Kaufentscheidung treffen. Der von den Richtern bemühte Begriff der „mittelbaren geschäftlichen Entscheidung“ erscheint mehr als fraglich.