Obszöne Nachrichten über Facebook und die Unschuldsvermutung

Veröffentlicht am in Internetrecht

Eine deutsche Sportlerin hatte von einem Mann eine obszöne Nachricht auf Facebook erhalten. Daraufhin hatte sie den Namen und Wohnort des mutmaßlichen Täters veröffentlicht. Zu Recht?

Sicherlich kein Einzelfall in Deutschland, aber aufgrund ihrer Bekanntheit hat die Presse davon schnell Wind bekommen. Eine Frau wird im Netz Opfer sexueller Belästigung, woraufhin sie sich wehrt und den Mann auf Facebook anprangert. Er hatte der Sportlerin ein Foto seines Geschlechtsteils geschickt, zusammen mit weiteren anzüglichen Sprüchen. Die Sportlerin machte die Nachricht öffentlich, mitsamt dem Namen und Wohnort desjenigen, von dessen Account sie die Nachricht erhalten hatte. Am Ende ihres Facebook-Postings folgte noch: “Anzeige folgt“. Insgesamt haben seitdem mehr als 2200 Menschen auf den „Gefällt mir“-Button unter dem Posting geklickt und mehr als 400 Kommentare wurden dazu abgegeben. Die Sportlerin hatte es einfach leid gehabt, da ihr derartiges auch schon mehrmals in der Vergangenheit passiert war.

„Es ist Zeit zu handeln, es ist Zeit, mich zu wehren.“

Doch so nachvollziehbar ihr Motiv vielleicht sein mag, so völlig unbedenklich kann ihr Verhalten nicht befürwortet werden.

Hat also die Sportlerin, die selbst ausgebildete Polizistin ist, jetzt selbst gegen das in Deutschland geltende Recht verstoßen?

 1.     Ihr Handeln aus strafrechtlicher Sicht

Aus strafrechtlicher Sicht käme eine Verfolgung nur dann in Betracht, wenn sie falsche Tatsachenbehauptungen gemacht hätte und somit der Tatbestand der Verleumdung erfüllt wäre. Auch gesetzt den Fall, dass der Facebook-Account eines Unschuldigen gehackt wurde, würde ein Richter im Prozess vermutlich auch nicht davon ausgehen, dass die Sportlerin ihn absichtlich an den Pranger stellen wollte.

 2.     Ihr Handeln aus zivilrechtlicher Sicht

Aus zivilrechtlicher Sicht hat die Sportlerin mit der Veröffentlichung des Namens und des Wohnorts gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verstoßen. Hier wären allerdings die besonderen Umstände der Veröffentlichung zu berücksichtigen.

Hat sie richtig gehandelt?

Es gibt hier eine klare Antwort und sie lautet: Nein. In Deutschland gilt die Unschuldsvermutung und durch ihr Handeln hat sie ganz unstreitig gegen diesen Grundsatz verstoßen. Dieser Grundsatz steht sogar auch in Art. 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK):

„Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“

In Deutschland ergibt sich dieser aus dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Absatz 3 und Art. 28 Absatz 1 Satz 1 GG. Es gibt keine Selbstjustiz in Deutschland! Die Bestrafung ist in einem Rechtsstaat Sache der Justiz. Zudem kam im vorliegenden Fall noch ein weiteres Problem hinzu: Den Wohnort, den die Sportlerin in ihr Facebook-Posting geschrieben hatte, gibt es gleich dreimal in Deutschland und in einem davon wohnen mindestens zwei Männer, die den gleichen Namen haben. Dieser Fall könnte also sehr teuer für die Sportlerin werden, wenn einer der Beschuldigten auf Schmerzensgeld klagt.