Die Bahn verliert Markenrecht am Wort S-Bahn

Veröffentlicht am in Medienrecht

Mit Beschluss vom 14. März 2012 (Az.: 26 W (pat) 21/11) hat das Bundespatentamt die vom Deutschen Patent- und Markenamt angeordnete Markenlöschung im Wesentlichen bestätigt. Laut der Zeitung „Die Welt“ soll die Bahn jährlich Millionenbeträge für die Lizenz auf das Wort „S-Bahn“ verdient haben, doch damit ist jetzt Schluss.

Sachverhalt

Der Antragsteller, ein kommunaler Zweckverband, hatte im Jahr 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung für die Marke „S-Bahn“ beantragt. Die Deutsche Bahn hatte die Marke im Jahr 1999 angemeldet und im Jahr 2002 wurde sie eingetragen. Der Antragsteller hatte geltend gemacht, dass die Marke entgegen § 8 Absatz 2 Nr. 1-3 MarkenG eingetragen worden war, obwohl sie sich nicht gemäß § 8 Absatz 3 MarkenG in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Der Antragsteller argumentierte ferner, dass der Begriff S-Bahn Allgemeingut sei. Die Bahn hatte bislang immer eine symbolische Lizenzgebühr von 0,4 Cent pro gefahrenen Zugkilometer verlangt.

Die Antragsgegnerin hatte dann dem Löschungsantrag widersprochen. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 28. Januar 2011 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Als Begründung führte sie an, dass im Eintragungs- und Entscheidungszeitpunkt das Schutzhindernis des § 8 Absatz 1 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden habe. Ferner sei auch nicht § 8 Absatz 3 MarkenG einschlägig, weil eine Verkehrsdurchsetzung nicht angenommen werden kann.

Gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts hatte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde gewandt.

Entscheidung

Das Bundespatentgericht hat der Beschwerde der Antragsgegnerin nur zum Teil stattgegeben. Für das Transportwesen, insbesondere für:

„Beförderung von Personen und Gütern mit Schienenbahnen, Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen; Beförderung von Personen mit Schienenbahnen im Stadtschnellbahnzug-System; Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schienenfahrzeugsystems, nämlich Gepäckträgerdienste, Gepäckaufbewahrung, Vermittlung der Beförderung von Personen und Gütern mit Schienenbahnen, Kraftfahrzeugen und Schiffen […]“

muss eine Löschung erfolgen.

Das Gericht hält die Bezeichnung für einen reinen Gattungsbegriff und damit nicht für schutzfähig. Es fehle an einer Unterscheidungskraft und dieses Schutzhindernis ist nicht gemäß § 8 Absatz 3 MarkenG im Wege der Verkehrsdurchsetzung überwunden worden:

„Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen.“

Der Begriff „S-Bahn“ stelle eine Kurzbezeichnung für „Schnellbahn, Stadtbahn“ dar und bezeichnet eine „elektrisch betriebene, auf Schienen laufende Bahn für den Personenverkehr in Großstädten und Stadtregionen“. Das Gericht führt ferner aus:

„Wie entsprechende Einträge im Brockhaus belegten, habe man unter diesem Begriff schon vor gut 35 Jahren und damit auch schon zum Eintragungszeitpunkt „alle Schienenbahnen auf besonderem kreuzungsfreien Bahnkörper innerhalb der Großstädte oder zur Verbindung des Stadtkernes (City) mit den Vororten (Hoch- und Untergrundbahnen) sowie in sonstigen dicht besiedelten Ballungsräumen zur Bewältigung des Massenverkehrs“ verstanden.

Ein weiteres Beispiel für die beschreibende Verwendung des Begriffs „S-Bahn“ zur Bezeichnung eines Nahverkehrsmittels stelle der Wortlaut des § 61 Abs. 1 Nr. 3 des Schwerbehindertengesetzes dar: „Nahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist der öffentliche Personenverkehr mit (…) 3. S-Bahnen in der 2. Wagenklasse“. In den Deutschen Sprachgebrauch seien und waren bereits im Jahre 1989 lexikalisch nachweisbare Begriffskombinationen wie „S-Bahnhof, S-Bahn-Station“ und „S-Bahn-Wagen“ eingegangen, in denen „S-Bahn“ als Sachhinweis benutzt werde. Die Beispiele „Breisgau S-Bahn GmbH, Orthenau S-Bahn GmbH und Zweisystem-S-Bahn“ zeigten schließlich, dass auch Unternehmen, die nicht mit der Deutschen Bahn verbunden seien, „S-Bahn“ derzeit als Bestandteil ihrer Unternehmensbezeichnungen nutzten.“

Dass sich eine Marke in den beteiligten Verkehrskreisen i.S.d. § 8 Absatz 3 MarkenG durchgesetzt hat, setzt nach Auffassung des Gerichts voraus, dass aufgrund einer Gesamtschau aller Gesichtspunkte eindeutig ist, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die fraglichen Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistung damit von den Leistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei kann nicht von festen Prozentsätzen ausgegangen werden. Allerdings, so das Gericht, kann als untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden. Die Bahn hatte versucht, dies mittels einer Verkehrsbefragung zu belegen, wobei sie im Eintragungsverfahren Erfolg gehabt hatten. Das Gericht entschied jedoch dann, dass eine erreichte Quote von 50% bei einer weiteren Befragung im Rahmen des Löschungsverfahrens für eine Verkehrsdurchsetzung nicht ausreiche.

Handelt es sich um einen Begriff, der die Dienstleistungen ihrer Gattung nach beschreibt, kommt eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem sehr hohen Durchsetzungsgrad in Betracht (BGH GRUR 2006, 760, Rdn. 20  – LOTTO). Ein sehr bekannter beschreibender Begriff kann Unterscheidungskraft iSd. § 8 Abs. 3 MarkenG nur bei einer langen und intensiven Benutzung der Marke erlangen.  Vorliegend hat das Gericht entschieden, dass dies auch nicht der Fall ist.

Eine Rechtsbeschwerde zum BGH hat das Gericht nicht zugelassen.