Die faire Milch – oder doch nicht?

Veröffentlicht am in Medienrecht

Mit Urteil vom 01.03.2012 (Az.: 6 U 1738/11) hat es das OLG München untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Milch, die mit der Werbeaussage „Die faire Milch“ angeboten wird, mit dem Hinweis „kommt ausschließlich von Höfen aus Ihrem Bundesland“ zu werben, wenn dies nicht der Wahrheit entspricht. Die Bezeichnung „Die faire Milch“ ist allerdings weiterhin erlaubt.

Sachverhalt

Die Parteien befanden sich im Streit über die lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit zweier von der Beklagten verwendeten Werbeaussagen. Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, hatte Klage gegen die Milchvermarktungsgesellschaft MVS Freising eingereicht, die in mehreren Bundesländern unter der Bezeichnung „Die faire Milch“ Milch vertrieben hatte und zu deren Gesellschaftern der B.D.M. (BDM) zählt.

Zur Geschichte des Slogans: Er geht zurück auf die vom BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) initiierten Proteste von Milchbauern in den Jahren 2008 und 2009, als diese ihrer Forderung nach einem kostendeckenden Milchpreis von 40 Cent/Liter u.a. dadurch Nachdruck verliehen, dass sie die Molkereien, denen gegenüber sie zur Ablieferung der erzeugten Milchmenge gegen ein Entgelt von lediglich 20 bis 25 Cent/Liter verpflichtet waren, einfach nicht mehr belieferten. Zudem griffen verschiedene große Discount-Handelsketten die Protestbewegung mit auf und boten unter eigenen Labels regionale, „fair gehandelte“ Milch und Milchprodukte zu höheren Preisen an, die den Erzeugern zugute kommen sollten.

Auf der Verpackung der Beklagten befanden sich zudem auch die Hinweise: „Fair zum Verbraucher!“, „Fair zur Natur!“ und „Fair zum Landwirt!“. Auch im Internet hatte sie ihre Milch mit folgender Angabe beworben:

„Die „faire Milch“ kommt ausschließlich von Höfen aus Ihrem Bundesland. Das sichert den Bestand der gewachsenen, traditionellen Familienbetriebe und sichert Arbeitsplätze in Ihrer Region. Darüber hinaus bemühen wir uns, die Transportwege auf ein Minimum zu reduzieren; das bedeutet geringere Abgasbelastung und weniger Energieverbrauch.“

Der Kläger machte geltend, dass die Werbung mit der Angabe „Die faire Milch“ irreführend sei und gegen § 5 Absatz 1 Satz 2 UWG verstoßen würde. Der angesprochene Verkehr verknüpfe die Aussage mit den Demonstrationen und den Forderungen der Bauern. Insgesamt seien aber von ca. 100.000 Milchbauern daran nur maximal 150 beteiligt gewesen. Die potentiellen Abnehmer würden beim Erwerb der Milch jedoch annehmen, dass das Projekt dem Wohle aller bzw. der meisten Milchbauern diene; zudem suggeriere die Verwendung des bestimmten Artikels „Die faire Milch“ eine Allein- bzw. Spitzenstellungsbehauptung. Gleichzeitig sei damit auch eine Herabsetzung des Angebots der Mitbewerber i. S. d. § 4 Nr. 7 UWG verbunden, da Verbraucher andere Milch als „unfair produziert“ ansehen würden.

Ferner, so der Kläger, würde für den Verbraucher der Eindruck entstehen, dass die Molkerei den Milchbauern als einzige einen fairen Preis von 40 Cent für jedes Kilo abgelieferter Milch zahle. In Wahrheit jedoch würde aber nur 25 % der angelieferten Milch als „Die Faire Milch“ für 40 Cent je Kilo verkauft werden, aber für die restliche Milch ein wesentlich geringerer Preis.

Zudem würde auch die im Internet verwendete Aussage „kommt ausschließlich von Höfen aus ihrem Bundesland“ im Hinblick auf das Angebot hessischer Milch in bayerischen Märkten  irreführend sein.

Entscheidung

Die Vorinstanz, das LG Landshut, hatte der Milchvermarktungsgesellschaft mit Urteil vom 30.03.2011 (Az.: 1 HK O 1426/10) noch die Verwendung beider Aussagen verboten. Das OLG war da anderer Ansicht.
Das OLG führte zunächst an, dass der Hinweis, „Die faire Milch“ ausschließlich von „Höfen aus Ihrem Bundesland“ komme, nicht zutreffend sei, da in Hessen gemolkene Milch auch in nordbayerischen Märkten angeboten worden ist. Im Hinblick auf diese Angabe sei eine Irreführung über die geographische Herkunft des Produkts anzunehmen.

Allerdings, so das Gericht, komme eine Irreführung in Bezug auf die Bezeichnung „Die Faire Milch“ nicht in Betracht. Eine solche würde weder unter dem Gesichtspunkt einer Alleinstellungsbehauptung, noch im Hinblick auf eine etwaige Fehlvorstellung des Publikums hinsichtlich der an die Erzeuger gezahlten Preise vorliegen.

Als Begründung führte das Gericht an, dass eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung nicht vorliege, weil das Augenmerk des Betrachters der Verpackung auf den in Nationalfarben gehaltenen Querstrich des Buchstabens „f“ im Adjektiv „fair“ gelenkt werde, ohne dass er eine Relation zu anderen gattungsgleichen Produkten herstelle.

Ferner komme auch keine Irreführung über die an die Erzeuger gezahlten Entgelte in Betracht. Die Erzeuger würden für jeden Liter Milch, der als „Die Faire Milch“ abgekauft wird, 40 Cent erhalten. Die Verbraucher würden den „fairen Milchpreis“ ausschließlich auf den in dem als „fair“ beworbenen Produkt verarbeiteten Rohstoff beziehen. Der Rest der Milch würde nämlich zu Butter und Käse verarbeitet werden, worüber sich ein Verbraucher beim Kauf von Milch keine weiteren Gedanken macht.

Die Milchvermarktungsgesellschaft muss nun zwei Siebtel der Verfahrenskosten tragen und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs fünf Siebtel.