Wegfall des berechtigten Interesses an der Gegendarstellung durch Zweitmitteilung

Veröffentlicht am in Medienrecht

Gegendarstellungen sind das häufigste und effizienteste Mittel, wie gegen vermeintlich falsche Berichterstattungen vorgegangen werden kann. Auch Täter von vermeintlichen Straftaten können so gegen die Berichterstattung vorgehen. Auf welche Feinheiten gelegentlich geachtet werden sollte, zeigt ein aktueller Fall anschaulich.

Vor dem Landgericht Berlin war am Donnerstag streitig, ob das berechtigte Interesse des Gegendarstellungsberechtigten dadurch entfällt, dass das Pressemedium die Ausgangsberichtserstattung noch vor dem Abdruck einer Gegendarstellung inhaltlich berichtigt bzw. widerrufen hat. Nach § 10 Abs. 2 Pressegesetz des Landes Berlin (BlnPrG) ist das Presseorgan nicht zum Abdruck der Gegendarstellung verpflichtet, wenn die betroffene Person kein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung hat. Eine Richtigstellung der Redaktion lässt das berechtigte Interesse an einer Gegendarstellung grundsätzlich entfallen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie der Funktion der geforderten Gegendarstellung voll entspricht. Endlich ist eine eigene Berichterstattung nur dann dazu geeignet, das berechtigte Interesse entfallen zu lassen, wenn diese entstandenen Fehlvorstellungen hinreichend sicher ausgeräumt worden sind.

In dem am Donnerstag verhandelten Fall hatte die Zeitung im Rahmen einer weiteren Berichterstattung geschrieben: „Staatsanwaltschaft fegt […] Verdacht vom Tisch“. Ob dies ausreichend war, um das berechtigte Interesse an der Gegendarstellung entfallen zu lassen, konnte am Ende offen bleiben. Die Klage wurde hinsichtlich einer Gegendarstellung auf der Titelseite für erledigt erklärt. Hinsichtlich einer weiteren Gegendarstellung im Innenteil verpflichtete sich die Zeitung zum Abdruck in den kommenden Tagen.

Das Medienrecht im Alltag

Medien dienen in einer Demokratie der Meinungsbildung. Insofern kommen den Medien neben ihrer Funktion als Kulturträger auch wichtige Aufklärungs- und Warnfunktionen zu. Nicht immer sind die divergierenden Rechtspositionen in einen Ausgleich zu bringen.

Internetforen, Blogs und Social-Media-Plattformen bergen ein erhebliches Konfliktpotential, das inzwischen sämtliche Bevölkerungsschichten durchdringt. Nicht selten kommt es vor, dass etwa Fotos oder private Details leichtfertig im Internet verbreitet werden. Häufig machen sich die Verantwortlichen keine oder zu wenig Gedanken darüber, dass auch im Internet die publizistische Sorgfaltspflicht gilt und die Grundsätze des Presserechts auch online Geltung haben.

Meist kollidieren dabei zwei Grundrechte im Medien- und Presserecht miteinander: Das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Art. 1 und 2 GG, § 823 BGB). Natürlich können sich die Verantwortlichen auf die Meinungs- und Pressefreiheit berufen. Gleichzeitig müssen sie aber die Persönlichkeitsrechte derjenigen achten, über die sie berichten. Daher ist es sinnvoll, eine Meldung bereits vor ihrer Veröffentlichung auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Wird das Presserecht dazu missbraucht, das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu verletzen, haben die Geschädigten viele Möglichkeiten, hier zu Ihrem Recht zu kommen: Unterlassung, Schadensersatz, Gegendarstellung oder Widerruf der Berichterstattung kommen dabei in Betracht.