BGH verneint Haftung von Eltern für illegales Filesharing durch volljährige Familienmitglieder

Veröffentlicht am in Urheberrecht

Der Bundesgerichtshof hat durch das am vergangenen Mittwoch verkündete und wegweisende Urteil (BGH, Urt. v. 08.01.2013, I ZR 169/12 „BearShare“, Pressemitteilung des BGH) die Störerhaftung für illegales Filesharing noch weiter eingeschränkt.

Im aktuellen Fall ging es um einen Familienvater, der wegen illegalen Filesharings abgemahnt wurde. Über seinen Internetanschluss hatte sein 20-jähriger Stiefsohn über 3.000 Musikaufnahmen in einer Internettauschbörse zum Herunterladen anderen Tauschbörsennutzern zur Verfügung gestellt. Nachdem der Stiefsohn einräumte, die Musiktitel über das Filesharing-Programm „BearShare“ heruntergeladen zu haben und somit der Familienvater als Anschlussinhaber selbst die Rechtsverletzung beweisbar nicht begangen hatte, verfolgten die Rechteinhaber der Musikaufnahmen gegenüber dem Anschlussinhaber lediglich die Erstattung der Abmahnkosten weiter.

Während das Landgericht Köln der Klage der Rechteinhaber stattgab und das Berufungsgericht lediglich die geltend gemachte Forderung von rund 3.400 EUR auf rund 2.800 EUR reduzierte, entschied der Bundesgerichtshof nun zugunsten des Familienvaters.

Die vorangegangenen Entscheidungen des Landgerichts Kölns und des Berufungsgerichts stützten sich auf die Argumentation, dass der Familienvater insoweit für die Urheberrechtverletzungen verantwortlich sei, als dass er allein durch die Bereitstellung des Internetanschlusses die Gefahr der Teilnahme an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen geschaffen habe und es ihm aufgrund dessen zumutbar gewesen wäre, seinen Stiefsohn über die Illegalität derartiger Tauschbörse zu belehren und widerrechtliches Filesharing zu untersagen. Durch die Nichtvornahme dieser Pflichten habe der Familienvater die Urheberechtverletzungen mitverursacht und daher müsse er als Störer auch für diese Verletzungen haften.

Den Bundesgerichtshof schien diese Argumentation nicht zu überzeugen: Gegenteilig hob er nun die Urteile der Vorinstanzen auf. Grund dafür sei, dass die Störerhaftung nicht uferlos ausgedehnt werden dürfe. Volljährige Familienmitglieder müssten vorab nicht auf die Illegalität der Teilnahme an Filesharingtauschbörsen hingewiesen werden, denn zwischen den Familienangehörigen bestehe ein besonderes Vertrauensverhältnis, auf der die Überlassung des Internetanschlusses beruhe. Der Volljährige sei für seine Handlungen selbst verantwortlich. Lediglich wenn ein konkreter Anhaltspunkt für den Missbrauch des Anschlusses für Rechtsverletzungen durch den volljährigen Familienangehörigen vorliegt, hat der Anschlussinhaber derartige Aufklärungs- oder Überwachungspflichten. Verstößt er gegen diese Pflichten, haftet er doch als Störer auf Unterlassung und wäre zur Erstattung der Abmahnkosten verpflichtet.

Schon in der „Morpheus- Entscheidung“, in welcher der Bundesgerichtshof festlegte, dass Eltern lediglich Aufsichtspflichten in der Form von hinreichenden Belehrungen – und nicht anlasslose Überwachungspflichten – treffen, wurde die Störerhaftung vorsichtig eingeschränkt. Durch das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs jedoch erkennt man eine „deutliche Lockerung der bisher sehr strengen Haftung für den Anschlussinhaber“, so der Rechtsanwalt Johannes von Rüden.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP begrüßte der Rechtsanwalt Johannes von Rüden die Entscheidung: „Das ist ein weiterer tiefsitzender Schlag gegen die Abmahn-Industrie. Damit widerspricht der Bundesgerichtshof auch der fünfjährigen Rechtsprechung der Land- und Oberlandesgerichte.“