Ärzte müssen keine Gema-Gebühren zahlen, wenn sie in ihrer Praxis im Hintergrund Radiomusik abspielen. Die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Arztpraxen sei im Allgemeinen nicht öffentlich und damit auch nicht vergütungspflichtig, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter entschieden damit zugunsten eines Düsseldorfer Zahnarztes (Az.: I ZR 14/14). Die GEMA ist die einzige in Deutschland bestehende Wahrnehmungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Sie verwaltet nahezu das weltweite Gesamtrepertoire an geschützter Musik. Die GEMA ist auch zur Wahrnehmung der Rechte der Urheber- und Leistungsschutzberechtigten befugt, die von diesen Verwertungsgesellschaften vertreten werden.
Der Sachverhalt
Im vorliegenden Fall (Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 14/14) wurde im Wartebereich einer Zahnarztpraxis für die Patienten Hintergrundmusik in Form von Radiosendungen übertragen. Der Zahnarzt hatte hierzu einen entgeltlichen Vertrag mit der GEMA geschlossen, in welchem ihm die Nutzungsrechte zur Wiedergabe von Hörfunk in seiner Praxis eingeräumt wurden. Im Jahr 2012 zahlte der Zahnarzt die GEMA- Gebühren nicht mehr und erklärte schließlich die fristlose Kündigung des Vertrags. Dabei berief er sich auf ein Urteil des EuGH vom 15. 3. 2012 (AZ.:C-135/10) wonach die Musikwiedergabe im Wartebereich einer Zahnarztpraxis keine öffentliche Wiedergabe darstelle.
Begriff „Öffentlichkeit“ neu ausgelegt
Bis dato war das von den nationalen Gerichten anders bewertet worden, so dass der Zahnarzt aufgrund der damaligen nationalen Rechtsauffassung darauf angewiesen war, für das Abspielen von Radiosendungen entsprechende Rechte von der GEMA einzuholen. Der EuGH hatte in der Entscheidung die Auslegung des Begriffs der „Öffentlichkeit“ nun abweichend von der bisherigen Rechtsprechung dahingehend vorgenommen, dass eine öffentliche Wiedergabe i. S. von Art.3 der Richtlinie 2001/29/EG vom 22. 5. 2001 und damit auch von § 15 III UrhG unter anderem voraussetzt, dass sie Erwerbszwecken dient und gegenüber einer größeren Öffentlichkeit erfolgt.
Der BGH hat sich jetzt an die Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH gebunden gesehen. Er müsse die entsprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts richtlinienkonform auslegen. Dem Urteil des EuGH sei zu entnehmen, dass eine öffentliche Wiedergabe jedenfalls voraussetze, dass die Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl möglicher Adressaten erfolgt. Die Patienten einer Praxis stellen demnach keine Öffentlichkeit im gesetzlichen Sinne dar. Die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen ist demnach nicht öffentlich und damit auch nicht vergütungspflichtig.
Der Zahnarzt war daher zur fristlosen Kündigung berechtigt, weil die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages durch das Urteil des EuGH entfallen war. Freiberufler und Betriebe die derartige Verträge geschlossen haben, sollten diese nun gründlich prüfen, da das Urteil für alle Betriebe Geltung haben dürfte, die im Hintergrund Radiomusik abspielen lassen.