Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.07.2015, I 20 U 172/14, Volltext) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Anschlussinhaber keine Nachforschungspflichten dahingehend hat, vorzutragen, welche Nutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt Zugang zu dem Internetanschluss hatten. Die Berufungsbeklagte ließ sich dabei in allen Instanzen von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN vertreten.
In dem zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren behauptete die Klägerin, die Koch Media GmbH, die sich von der Rechtsanwaltskanzlei .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR mit Sitz in Hamburg vertreten ließ, dass ein Computerspiel im November 2011 über den Internetanschluss der Anschlussinhaberin öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Die Beklagte behauptete, in ihrem Haushalt würde sie nicht alleine wohnen, sondern gemeinsam mit ihrem Ehemann und dem volljährigen Sohn, die wohl eher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen.
Den Anschlussinhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn ihm nähere Angaben ohne Weiteres möglich und zumutbar sind. Daran fehlte es aber vorliegend, wie das Gericht ausführte:
„Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Beklagte nicht gehalten, darzulegen, welche der in Frage kommenden Personen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten auch tatsächlich den Internetzugang genutzt haben, denn dieser Vortrag ist schon nicht ohne Weiteres möglich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an sogenannten P2P-Netzwerken nicht zwingend voraussetzt, dass der Betreffende Nutzer tatsächlich anwesend ist. Erforderlich ist lediglich, dass der betreffende Rechner mit dem Internet verbunden ist und sich in Betrieb befindet. Nähere Angaben dazu, bei welchem Rechner (und gegebenenfalls mit welchem Benutzerkonto) dies der Fall ist, kann der Anschlussinhaber regelmäßig nur machen, wenn er die Kommunikation aller Nutzer überwacht und speichert. Abgesehen davon, dass die rechtliche Zulässigkeit einer derartigen anlasslosen Kommunikationsüberwachung mehr als zweifelhaft ist, ist sie dem Anschlussinhaber jedenfalls nicht zuzumuten. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof selbst bei Kindern keine Veranlassung gesehen, deren Internetzugang anlasslos zu überwachen. Dann besteht für den Anschlussinhaber aber erst recht keine Veranlassung, erwachsene Familienmitglieder zu überwachen.“
„Damit hat sich das OLG Düsseldorf der Rechtsauffassung anderer Oberlandesgerichte angeschlossen, die alle keinen konkreten Vortrag zu dem Nutzungsverhalten zu dem jeweiligen Tatzeitpunkt verlangten“, sagte Rechtsanwalt Nico Werdermann als erste Reaktion auf das Urteil. Der Berliner Rechtsanwalt hatte das Mandat federführend geleitet. So habe das Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 02.02.2015, 5 W 41/13, dejure.org.) ausgeführt, dass es der Lebenserfahrung widersprechen würde, wenn der Anschlussinhaber gezwungen wäre, einen so alltäglichen Vorgang wie die Nutzung des Internetanschlusses selbst nach einigen Tagen noch genau darlegen zu können. Das Oberlandesgericht Hamburg bewertete es auch als “lebensfremd” einzustufen wäre, wenn der Anschlussinhaber ohne jeden Anhaltspunkt das Nutzungsverhalten seiner Familienmitglieder dokumentieren müsste. Zu verlangen, wer und wann den Anschluss genutzt habe, würde zu einer Überspannung der sekundären Darlegungslast führen. Ebenfalls habe das OLG Düsseldorf damit Nachforschungspflichten nach Erhalt der Abmahnung eine Absage erteilt, sondern nahegelegt, dass solche Nachforschungspflichten erst mit Zugang der Klage bestehen, sagte Werdermann.
Die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN betreibt das Portal Abmahnhelfer.de, über das jährlich tausende Abmahnungen der Film-, Musik- und Softwareindustrie abgewehrt werden.