Rechtliche Aspekte zur aktuellen Abmahnwelle wegen RedTube

Veröffentlicht am in Urheberrecht

Seit Anfang der Woche sind Abmahnungen der Regensburger Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen im Umlauf, die Urheberrechtsverletzungen auf dem Erotikportal RedTube zum Gegenstand haben. Weit mehr als 500 Abmahnungen sind dem Team von Abmahnhelfer.de in den vergangenen 48 Stunden zugegangen, die den Vorwurf beinhalten, die Nutzer hätten sich auf dem Erotikportal urheberrechtlich geschützte Filme angesehen und hierdurch eine Urheberrechtsverletzung begangen.

Bisher sind die juristischen Einzelheiten zu dem Thema wenig beleuchtet. Wir geben an dieser Stelle einen kurzen Überblick und zeigen eine erfolgsversprechende Verteidigungsmöglichkeit.

Unklar ist weiterhin, wie die Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen an die IP-Adressen der RedTube Nutzer gekommen ist. Wahrscheinlich ist, dass sich Zugang zu den Log-Dateien der betroffenen Seite verschafft wurde. VON RUEDEN hat in Eilverfahren Akteneinsicht beim Landgericht Köln beantragt und konnte am Montagmorgen die ersten Akten einsehen. Wir haben uns dazu entschlossen, diese auf dem Portal abmahnhelfer.de online zu stellen.

Streaming ist öffentliche Zugänglichmachung und eine Vervielfältigung

Das Streamen ist eine urheberrechtlich relevante Verletzungshandlung, nämlich in Form der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG. Erforderlich ist nämlich nicht, dass der Nutzer die „Verfügungsgewalt“ über die Datei erlangt, wie es beim Filesharing tatsächlich geschieht. Auch stellt das Streamen durch die zwischenzeitlich technisch bedingte Zwischenspeicherung im Arbeitsspeicher eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG dar.

Nun stellt sich die Frage, ob das Streamen, auch wenn es eine Verletzungshandlung darstellt, erlaubt sein könnte. Das Urheberrechtsgesetz spricht insoweit von „Schrankenbestimmungen“.

Einschlägig könnte vorliegend § 44a UrhG sein, wonach vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erlaubt sind. In der juristischen Fachliteratur wird darauf hingewiesen, dass schon die Wortwahl des § 44a UrhG ungenau ist. Nicht die „Vervielfältigungshandlung“, sondern die Speicherung muss vorübergehend sein. Insbesondere sind damit „besonders kurzlebige“ Vervielfältigungshandlungen gemeint, wie die vorübergehende Speicherung von Bildern im Arbeitsspeicher beim Browsen. Ob schon das Chaching von § 44a UrhG privilegiert werden soll, ist umstritten, da dieses wohl nicht mehr „vorübergehend“ geschieht. Aus diesem Grund könnte auch das Streamen nicht von § 44a UrhG umfasst sein: Schon bei einer guten Internetverbindung kann es dazu kommen, dass ein 90-minütiger Film innerhalb weniger Sekunden im Zwischenspeicher landet und dort mehr als eine Stunde aufbewahrt wird, so dass nicht mehr von einer „besonders kurzlebigen“ Speicherung gesprochen werden kann. Ohnehin herrscht Einigkeit darüber, dass § 44a UrhG nicht gelten soll, wenn die Datei rechtswidrig verfügbar gemacht worden ist.

Weitere Voraussetzung für die Privilegierung nach § 44a UrhG ist zudem, dass der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung keine eigene wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Beim Browsing ist dies ohne weiteres zu bejahen, doch beim Streaming können durch Werbeeinblendungen durchaus auch andere Ansichten vertreten werden. Damit steht nicht sicher fest, ob die Schrankenbestimmung des § 44a UrhG vorliegend einschlägig ist. Selbst wenn sie einschlägig wäre, müsste ohnehin nach § 44a Nr. 2 UrhG untersucht werden, ob es sich um eine rechtmäßige Nutzung handelt. Dabei ist dann wieder auf weitere Schrankenbestimmungen einzugehen.

Privatkopie darf nicht von „offensichtlich rechtswidriger“ Vorlage stammen

Sehr wahrscheinlich ist, dass in der vorliegenden Konstellation die Schrankenbestimmung nach § 53 Abs. 1 UrhG einschlägig sein könnte, der eine Vervielfältigung zu privaten Zwecken privilegiert. Die Schrankenbestimmung greift aber nicht, wenn eine „offensichtlich rechtswidrig herstellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ genutzt wurde. Offensichtlich ist nach allgemeinem Sprachgebrauch nur, was jedermann auf den ersten Blick erkennt. Diese Definition ist juristisch anerkannt und findet sich in der juristischen Fachliteratur wieder. Auf ein subjektives Wissen, also ein Sonderwissen einzelner Nutzer kommt es nicht an.

Ein durchschnittlicher Verbraucher darf davon ausgehen, dass die Angebote auf RedTube wohl mit Wissen und Wollen der Rechteinhaber hochgeladen wurden und nicht aus offensichtlich illegalen Quellen stammen. Anders könnte es sich nur bei offensichtlich illegalen Portalen –  wie dem inzwischen abgeschaltetem Portal Kino.to – verhalten, wo sich die Illegalität des Portals jedem „aufdrängen“ muss. Aber gerade dies ist bei dem Portal RedTube nicht der Fall.