Urheberrechtsverletzung durch Framing? – Bundesgerichtshof ruft den EuGH an

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Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob durch die Einbindung eines Videos auf eine Webseite mit Hilfe der sogenannten „Framing“-Funktion das Urheberrecht des Rechteinhabers verletzt wird, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

In dem aktuellen Rechtsstreit wurde nach dem Vortrag des Rechteinhabers eines seiner Videos ohne seine Zustimmung auf der Videoplattform YouTube hochgeladen. Thema des Films sind Fakten rund um Wasserverschmutzung.

Die mit dem Kläger in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehenden Beklagten sind Hersteller von Wasserfiltern. Diese banden das Video mit Hilfe der von YouTube zur Verfügung gestellten Framing-Funktion auf Ihren Webseiten ein. Die Frage, ob die Aktivierung der Embedding-Funktion beim Hochladen des Videos bereits ein Einverständnis zum Framing darstellt, spielte in dem vorliegenden Fall keine Rolle: Das Video wurde bereits ohne seine Zustimmung auf YouTube hochgeladen. Umstritten ist aber, ob die bloße Aktivierung der Enbedding-Funktion bereits eine stillschweigende Zustimmung zur Einbettung darstellt, oder ob die Zustimmung jedes Mal vom Rechteinhaber einzuholen ist.

Das zunächst angerufene erstinstanzlich zuständige Landgericht München sah im Framing ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz (LG München I Urteil vom 2.2.2011, 37 O 15777/10). Anders als bei gewöhnlichen Links würde das Framing keinen Verweis auf die Ursprungsquelle darstellen – das Video würde nicht auf einer anderen Webseite dargestellt werden, sondern kann vielmehr auf einer fremden Webseite angesehen werden (ähnlich auch das OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.11.2011, I-20 U 42/11).

Die Berufung der Beklagten zum Oberlandesgericht München hatte zunächst Erfolg (OLG München, Urteil vom 16.2.2012, 6 U 1092/11). Es hob die Entscheidung des Landgerichts auf, weil es im Framing kein öffentliches Zugänglichmachen sah. Das ursprüngliche Video würde sich nämlich nicht in der Zugriffssphäre der Beklagten befinden. Hiergegen legte der Rechteinhaber nun die Revision ein, worüber der Bundesgerichtshof entschied.

Bereits während einer ersten mündlichen Verhandlung Mitte April hatte der Vorsitzende Richter Prof. Bornkamm angedeutet, dass es sich zwar beim Framing nicht um einen Fall des öffentlichen Zugänglichmachens handelt. Gleichwohl könnte ein ungeschriebener Fall der „unkörperlichen öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG vorliegen.

§ 15 Abs. 2 UrhG geht auf die europäische Richtlinie RL 2001/29/EG zurück. Art. 3 Abs. 1 bezeichnet das Recht des Rechteinhabers auf öffentliche Zugänglichmachung lediglich als Unterfall der „öffentlichen Wiedergabe“. Die Einleitung der Aufzählung mit dem Adverb „insbesondere“ zeigt, dass die sich anschließende Aufzählung nicht abschließend ist.

Der Begriff der „Öffentlichen Wiedergabe“ ist weit auszulegen

Mit der Anrufung des EuGH will der BGH klären, ob durch das Einbetten eines Video eine solche öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie vorliegt.

Nationale Gerichte sind dazu verpflichtet, Gesetze und Begriffe, die aufgrund von europäischen Richtlinien erlassen wurden, bei Auslegungsfragen dem EuGH vorzulegen. Zur Auslegung sind dann die entsprechenden Artikel und Erwägungsgründe der Richtlinien heranzuziehen.

Das Recht der öffentlichen Wiedergabe soll nach der Begründung der Richtlinie weit auszulegen sein und dahingehend verstanden werden, dass es „jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist“. Ob im Hinblick auf diese Definition der EuGH das Framing als öffentliche Wiedergabe einstufen wird, ist bisher offen. Zuletzt hatte der EuGH die Rechtsprechung des BGH zur Auslegung des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ in der SGAE-Entscheidung (EuGH GRUR 2007, 325) korrigiert. Der EuGH hatte in der Weiterleitung eines Fernsehsignals in ein Hotelzimmer eine öffentliche Wiedergabe angenommen, der BGH dagegen nicht.

Der EuGH wird die Frage wahrscheinlich zusammen mit einer Vorlagesache des schwedischen Hovrätt (EuGH, C 466/12 – Svenson) verbinden, in der es um die Frage geht, ob das Setzen von Hyperlinks als öffentliche Wiedergabe einzuordnen ist. Das Verfahren könnte Auswirkungen auf die bisherige Paperboy-Rechtsprechung (BGHZ 156, 1, „Paperboy“) des BGH haben, wonach das Setzen von Hyperlinks keine öffentliche Wiedergabe darstellt. Mit einer Entscheidung ist erst im kommenden Jahr zu rechnen.