Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, haben die Landesregierungen Kontaktverbote erlassen – auch in Nordrhein-Westfalen. Gegen diese Anordnung des Landes NRW will ein Mann aus Aachen vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster klagen. Die Begründung: Er will sich auch weiterhin mit seinen Freunden in der Öffentlichkeit treffen.
Sein Antrag richtet sich gegen die Anordnung, nach der Treffen von mehr als zwei Menschen in der Öffentlichkeit in der Regel verboten sind. Bund und Länder hatten sich am Wochenende auf dieses Verbot geeinigt. Ausgenommen von dieser Regelung sind Kernfamilien, Lebenspartner, der öffentliche Nahverkehr, zwingende berufliche Gründe und Beerdigungen. Die Regelungen gelten in NRW zunächst bis zum 19. April – also bis zum Ende der Osterferien.
Rechtmäßigkeit der Regelung wird überprüft
Das Oberverwaltungsgericht Münster überprüft jetzt die Rechtmäßigkeit der Regelung in einem Normenkontrollverfahren, so die Gerichtssprecherin Gudrun Dahme gegenüber der Nachrichtenagentur epd. Es will bis nächste Woche darüber entscheiden. Laut der Sprecherin ist die Normenkontrollklage des Aacheners die einzige vor dem Oberverwaltungsgericht. Das Eilverfahren sei ein rein schriftliches Verfahren. Bis Montagmittag hat die Landesregierung jetzt Zeit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen.
Zwar hört sich das Anliegen des Aacheners kurios an, doch ganz chancenlos dürfte der Antragsteller nicht sein. Zwar sind bei der Regelung keine juristischen Probleme zu erwarten. Angesichts der Bedrohung kann die Anordnung der Landesregierung wohl nicht als grob unverhältnismäßig eingestuft werden.
Gibt es eine Rechtsgrundlage für die Anordnung?
Doch die Tatsache, dass die Landesregierung die Anordnung erlassen hat, birgt juristischen Zündstoff. Die Parlamente überlassen der Landesregierung, also der Exekutive, die Aufgaben, die sie in der Corona-Krise eigentlich selbst regeln müssten. Die neuen Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen schränken die Grundrechte der Bürger massiv ein. So ein Vorgehen ist zwar möglich, doch dafür gilt der sogenannte Gesetzesvorbehalt.
So wichtige Anordnungen müssen vom demokratisch legitimierten Parlament geregelt werden, nicht von der Landesregierung als Exekutive – so verlangt es die Gewaltenteilung. Die Richter dürften sich damit beschäftigen, ob man das Parlament einfach übergehen darf. Die Praxis, alles mit Verordnungen der Landesregierungen zu regeln, könnte den Verantwortlichen noch zu schaffen machen. In einer Pressemitteilung spricht das Oberverwaltungsgericht Münster davon, dass es prüfen muss, ob es für die Anordnung eine Rechtsgrundlage gibt.
NRW-Innenminister Reul hofft auf kluge Richter
Der Innenminister von NRW, Herbert Reul (CDU), hat die Klage des Aacheners indirekt kritisiert. Es falle ihm schwer, sich in der aktuellen Situation „mit solchen Fragen zu befassen“. Nach der Krise werde es sicher kluge Leute geben, die analysieren, welcher Minister in welcher Situation vielleicht etwas falsch gemacht haben könnte. Sollte die Klage eingereicht werden, hoffe er auf kluge Richter.