Abzocke bei Kabel-TV- und Handy-Verträgen

Veröffentlicht am in Verbraucherrecht

Immer wieder klagen Verbraucher über Tricksereien mit Verträgen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat jetzt verschiedene Fälle vor Gericht gebracht, bei denen es um vorgeschobene Verträge geht – Verträge, die nie abgeschlossen wurden. Vor allem Vodafone war in diesem Zusammenhang negativ aufgefallen. Vertriebspartner des Netzbetreibers haben offenbar den Abschluss von Verträgen bestätigt, die von den „Kunden“ nicht gewünscht waren – sogar die Unterschrift einer Verstorbenen wurde gefälscht.

Bei den untergejubelten Produkten handelt es sich um „Vodafone TV Connect“ und „Vodafone GigaTV inklusive HD Premium Cable“. Die Verbraucherzentrale ist erfolgreich gegen Vodafone vorgegangen und hat eine Unterlassung erwirkt. Wenn sich solche Fälle wiederholen, wird eine Vertragsstrafe fällig. Das Landgericht München hat dem Anbieter außerdem untersagt, Verbrauchern den Vertragsabschluss über das Produkt „Vodafone Giga TV App“ zu bestätigen, wenn sie die App gar nicht bestellt haben. Verstößt Vodafone dagegen, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro.

Untergeschobene Verträge

Das Portal inside digital berichtet vom Fall einer Hamburger Wohngemeinschaft, die unangekündigten Besuch von einem Service-Mitarbeiter von Vodafone Kabel Deutschland bekam, der angeblich die Kabelbuchse vermessen wollte. Die WG-Bewohner ließen ihn zwar nicht in die Wohnung, doch kurz darauf kam dennoch eine E-Mail von Vodafone Kabel Deutschland. Es wurde mitgeteilt, dass die Bestellung eingetroffen sei; wenig später folgte die schriftliche Auftragsbestätigung über die Produkte „Vodafone TV Connect“ und „Vodafone GigaTV inklusive HD Premium Cable“.

Auf die Nachfrage von inside digital, wie es zu diesen untergeschobenen Verträgen kommen könne, verwies Vodafone auf unlautere Methoden seiner Vertriebspartner. „Wenn Vertriebspartner gegen die klaren Vodafone-Richtlinien verstoßen und in Einzelfällen Verträge einreichen sowie Produktbestellungen auslösen, die von den Kunden nicht gewollt sind, gehen wir gegen diese Partner rigoros vor – von Abmahnungen bis hin zur Beendigung der Zusammenarbeit.“

Unterschrift der verstorbenen Ehefrau gefälscht

Neben Kabelkunden sind offenbar auch Mobilfunkkunden von fingierten Verträgen betroffen. Im niedersächsischen Syke gingen die Service-Mitarbeiter von Vodafone noch skrupelloser vor: Der 86-jährige Eduard Krämer bekam ebenfalls Hausbesuch von Vodafone. Auch er öffnete nicht, bekam aber ein paar Tage später einen Anruf, in dem ihm ein Vertragsabschluss bestätigt wurde. Kurz darauf gab es auch noch Post: eine Vertragsbestätigung über einen Mobilfunkvertrag mit hohem Datenvolumen für monatlich 59 ,95 Euro inklusive Zusatzleistungen.

Eduard Krämer sagte dazu: „Ich wollte das schon in den Müll schmeißen. Aber mein Enkel hat sich das angesehen und dabei auf dem einen Blatt die Unterschriften bemerkt. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Da hat jemand die Unterschrift meiner Frau gefälscht. Die ist nämlich seit acht Jahren tot.“

Selbstständige Vertriebspartner arbeiten mit Tricks

Der Rentner ging zur Polizei und erstattete Anzeige. „Ich nehme an, dass Vodafone davon gar nichts weiß, sondern dass da Fremdfirmen unterwegs sind, die für Vodafone arbeiten“, so Krämer gegenüber der Kreiszeitung. Tatsächlich handelte es sich laut Vodafone um einen selbstständiger Vertriebspartner, der den Kundenauftrag eingereicht hat, obwohl er von Krämer nicht gewollt und nicht unterschrieben war. „Gegen den Mitarbeiter des selbstständigen Vertriebspartners haben wir die notwendigen disziplinarischen Maßnahmen ergriffen“, so ein Vodafone-Sprecher. Der Service-Mitarbeiter sei umgehend fristlos entlassen worden und Vodafone habe Strafanzeige gegen ihn erstattet.

Man habe den Verdacht, dass der ehemalige Mitarbeiter die Unterschrift der verstorbenen Frau von Eduard Krämer gefälscht hat. – G. Krämer für Gerda Krämer. Das Kürzel war auf der Türklingel zu lesen. „Wir überprüfen nunmehr vorsorglich sämtliche Vertragsabschlüsse, die Herr K. bei uns eingereicht hatte und klären diese mit den jeweiligen Kunden“, so Vodafone-Konzernsprecher Volker Petendorf gegenüber inside digital. „In acht Fällen besteht der Verdacht, dass die Verträge von den jeweiligen Kunden in dieser Form nicht gewollt waren. Selbstverständlich werden alle diese Kundenfälle im direkten Dialog mit den Kunden und in ihrem Sinne geklärt.“

Vodafone entschuldigt sich

Der Vertreter bestreitet, die Unterschriften gefälscht zu haben, doch der Vorwurf der Urkundenfälschung werde weiter überprüft, versichert der Vodafone-Sprecher. Der Mitarbeiter des Vertriebspartners habe keine plausible Erklärung geliefert, weshalb Eduard Krämer mit G. Krämer unterzeichnet haben soll. Man werde den Vorfall weiter prüfen. Wenn sich der Verdacht der Urkundenfälschung erhärten sollte, will Vodafone Anzeige erstatten. Den Mobilfunkvertrag hat das Unternehmen inzwischen storniert und sich bei Eduard Krämer entschuldigt.

Die Verbraucherzentrale Hamburg stellt klar, dass ein Vertrag nicht automatisch als abgeschlossen gilt, wenn auf eine Bestätigung E-Mail keine Reaktion erfolgt. „Verbraucher sind bei Erhalt einer Bestätigung über einen nicht bestehenden Vertrag gar nicht verpflichtet, tätig zu werden“, so die Verbraucherschützer.

Wann ist ein Vertrag rechtsgültig?

Rechtlich gesehen ist ein Vertrag eine von zwei oder mehr Personen erklärte Willensübereinstimmung – egal, ob es sich um einen schriftlichen oder mündlichen Vertrag handelt. Ob Kauf-, Arbeits- oder Mietverträge: Grundsätzlich müssen der Vertragsinhalt und der Vertragsgegenstand so deutlich bestimmt sein, dass die Absicht der Vertragsparteien klar zu erkennen ist. Außerdem müssen die Vertragspartner jede Willenserklärung des/r anderen erhalten haben.

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Einige Verträge müssen schriftlich niedergelegt werden, zum Beispiel Bank- und Versicherungsgeschäfte, Grundstückskäufe oder Erb- und Eheverträge. Doch viele Verträge können auch per E-Mail oder telefonisch abgeschlossen werden – ohne Unterschrift. Aufgrund der geltenden Vertragsfreiheit ist ein mündlich am Telefon geschlossener Vertrag, zum Beispiel über einen Mobilfunkvertrag, genauso gültig wie ein unterschriebener Vertrag. Allerdings gelten für den Verkauf am Telefon bzw. für Verbraucherverträge besondere Regeln: Bei telefonisch oder im Internet abgeschlossene Verträge besteht ein 14-tägiges Widerrufsrecht.