AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 30.11.2005, 20 C 307/05

Veröffentlicht am in Verbraucherrecht

Amtsgericht Königs Wusterhausen
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

R. R.

– Kläger –

Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte Dr….

gegen

1. M. R.

2. B. R.

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigt: zu 1., 2.) Rechtsanwälte W. F.

hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen
auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2005
durch Richter am Amtsgericht Dr. T.

für   R e c h t   erkannt:

 

  1. Der Beklagten wird untersagt, mit Videoüberwachungskameras das zur Doppelhaushälfte L. in (PLZ) gehörige Grundstück des Klägers zu erfassen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  1. Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 3/5 dem Kläger und zu 2/5 den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt
  1. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils von der Gegenseite beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten auf nachbarschaftlicher Grundlage um Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit der Nutzung von Videoüberwachungskameras. Der Kläger ist Eigentümer und Vermieter der Doppelhaushälften Straße und Straße.  Die Doppelhaushälfte Straße ist an die Eheleute B. B. und W. B. vermietet, die Doppelhaushälfte Straße an die Beklagten.

Anfang 2005 ließen die Beklagten sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterfassade der oberen Fensterreihe der von ihnen angemieteten Doppelhaushälfte jeweils 2 Videoüberwachungskameras sowie im Hauseingangsbereich eine weitere sogenannte „Dome-Videokamera“ durch die Firma D. GmbH installieren. Dem war eine Brandstiftung durch einen jugendlichen Täter auf dem zur Doppelhaushälfte Straße gehörigen Grundstücks vorausgegangen. Die Mieter des Klägers, die Eheleute B. und W. B., befürchten, dass durch die Videoüberwachungsanlage auch Teile des zur Doppelhaushälfte Hausnummer-a gehörigen Grundstücks, wie insbesondere auch der  Zugangsweg zur Hauseingangstür überwacht und aufgezeichnet werden. Sie empfinden dies als Eingriff  in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Kläger ließ sich zur Vermeidung etwaiger Minderungsansprüche der Mieter B. von diesen etwaige Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche abtreten und verfolgt diese nunmehr im Rahmen des vorliegenden Verfahrens. Ausweislich einer Stellungnahme der mit der Installation befassten D. – GmbH vom 7.September 2005, wurde die Kameratechnik so ausgewählt und installiert, dass die Beklagten ausschließlich die von ihnen bewohnte Doppelhaushälfte nebst dazugehörigem Grundstück überwachen.  Auch die Dome-Kamera sei nur auf den Haustüreingang der Beklagten ausgerichtet.

Der Kläger behauptet, mit Hilfe der installierten Videoüberwachungsanlage, ließen sich zumindest auch Teile des von den Eheleuten B. bewohnten Bereichs überwachen. Er ist der Auffassung, bereits die Möglichkeit stelle eine potentielle Gefährdung der Eheleute B.und damit ein Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar. Es obläge bei dieser Sachlage den Beklagten den Nachweis zu führen, dass keine Überwachung bis zu den Eheleuten B. bewohnten Bereiches stattfinde. Da ihnen solches nicht gelingen dürfe, sei die Anlage zu beseitigen.

Der Kläger beantragt,

– die Beklagten zu verpflichten, die am Vorder- und Hinterhaus sowie im Haus-
eingangsbereich installierten Videokameras an dem Gebäude Straße Hausnummmer,PLZ Ort zu beseitigen.

Sie beantragen hilfsweise,

– den Beklagten eine videotechnische Überwachung des Grundstückes Straße Hausnummer von der Straße Hausnummer PLZ Ort aus zu untersagen.

Die Beklagten beantragen,

– sowohl bezüglich des Haupt- wie auch des Hilfsantrages, die Klage
abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur bezüglich ihres Hilfsantrages begründet. Im Hinblick auf den Hauptantrag ist sie unbegründet.

Die videotechnische Überwachung und Aufzeichnung des an die Eheleute B.vermieteten und von diesen bewohnten Bereiches durch die Beklagten würde einen unzulässigen Eingriff die deren Persönlichkeitsrecht darstellen. Im Hinblick hierauf steht jenen ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gem. der §§ 823, 1004 BGB zur Seite, welchen sie an den, als Vermieter hierdurch mittelbar betroffenen Kläger wirksam abgetreten haben und der nunmehr von diesem geltend gemacht wird. Gerade auf der Grundlage ihrer eigenen Ausführungen, wäre es den Beklagten zwar problemlos möglich gewesen, den im Verfahren geltend gemachten Hilfsantrag des Klägers mit der aus § 93 ZPO folgenden Kostenfolge sofort anzuerkennen. Indem sie diesem Anspruch jedoch im Termin am 12.09.2005 sowie auch dem 30.11.2005 jeweils entgegentragen und Klageabweisung beantragte, schufen sie die Voraussetzungen für eine insoweit streitige Entscheidung und der hieraus resultierenden – nunmehr auch sie teilweise belastenden – Kostenfolge.

Unbegründet ist demgegenüber der vom Kläger mit seinem Hauptantrag geltend gemachte Beseitigungsanspruch. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Eheleute B.ist weder durch die Installation der Videoüberwachungsanlage noch durch deren Betrieb feststellbar. Der Kläger bleibt jeglichen nachvollziehbaren Anhaltspunkt für seine Behauptung, mit Hilfe der Anlage werde auch das Grundstück Straße zumindest mit erfasst, schuldig. Allein die bloße Sorge der Eheleute B., vermag solche nicht zu ersetzen. Insbesondere obliegt es, entgegen der Auffassung des Klägers, nicht den Beklagten, den Nachweis zu führen, dass von ihnen nicht in die Persönlichkeitsrechte der Eheleute B. eingegriffen wird. Es obliegt vielmehr dem Kläger, einen solchen Eingriff substantiiert darzulegen und ggf. in geeigneter Weise unter Beweis zu stellen. Allein der Besitz einer Videoüberwachungsanlage, die entsprechend eingerichtet, geeignet sein könnte, auch das von den Eheleuten B. bewohnte Grundstück zumindest teilweise zu überwachen, stellt für sich genommen,  keinen derartigen Eingriff dar. Anderenfalls obläge es letztlich auch jedem Besitzer eines Fernglases oder Camcorders, entsprechende Befürchtungen sensibler Bürger zu widerlegen. Solches dürfte aber schwerlich möglich geschweige denn zumutbar sein. Die Ängste derer, die sich betroffen wähnen, und hieraus Abwehrrechte herzuleiten versuchen, müssen zumindest auf realen Anknüpfungstatsachen beruhen und nachvollziehbar sein. Die bloße Möglichkeit im Sinne eines „es könnte immerhin sein“ genügt hierfür nicht. Allein aus der Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung eines Gegenstandes kann keine Darlegungs- und Beweislastumkehr dahingehend hergeleitet werden, dass es dem Besitzer obliegt, den ausschließlich bestimmungsgemäßen Gebrauch nachzuweisen. Insoweit dürfte für Videoüberwachungskameras grundsätzlich nichts anderes gelten, als für Ferngläser, Camcorder oder auch Teigrollen („Nudelhölzer“).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Dr. T

Ausgefertigt

(W.), Justizobersekretärin
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle

Anmerkung: Streitwert auf 1.500 EUR festgesetzt