Keine volle Erstattung für Thomas-Cook-Kunden

Veröffentlicht am in Verbraucherrecht

Schlechte Nachrichten für Thomas-Cook-Kunden: Pauschalurlauber, die im Herbst mit Thomas Cook reisen wollten, werden nach der Insolvenz des Reiseveranstalters wohl auf ihren Kosten sitzen bleiben. Auch die etwa 140.000 Urlauber, die inzwischen wieder sicher zu Hause gelandet sind, erhalten voraussichtlich keine volle Erstattung ihrer Kosten.

Zwar springt die Zurich Versicherung im Fall von Thomas Cook mit einer Summe von bis zu 110 Millionen Euro ein. Aber: „Sie können davon ausgehen, das dies bei weitem nicht reicht“, erklärte ein Sprecher der Versicherung gegenüber der Tagesschau.

Das Verfahren, wie die Erstattungen an Reisende ausgezahlt werden, die vom Reisestopp bis zum 31. Oktober betroffen sind, funktioniert so: Zunächst werden Hotelrechnungen und Rückflüge für Pauschalurlauber bezahlt, die beim Insolvenzantrag schon unterwegs waren. Die Ersatzansprüche werden der versicherten Summe gegenübergestellt und quotiert. Wenn die Schadenssumme zum Beispiel doppelt so hoch ist wie die versicherte Summe, werden die Ansprüche nur zur Hälfte gedeckt.

Für die meisten der zurückgeholten Urlauber hat die Zurich die Bezahlung von Hotels und Rückflügen geregelt, auch wenn sie ihre Zimmermiete doppelt begleichen und die zweite Zahlung vorstrecken mussten.

Versicherungssumme reicht nur für Rückholungen

Zur Zeit ist wohl noch nicht klar, wie hoch die Schadenssumme und die Erstattungsquote ausfallen. Jedenfalls zahlt die Versicherung grundsätzlich auch für die Kunden, die beim Insolvenzantrag noch nicht unterwegs waren, und für Kunden, deren Reise abgebrochen wurde oder die doppelt zahlen mussten.

Für die Rückholung wurde allerdings der Großteil der 110 Millionen Euro bereits ausgegeben. Kunden, die künftige Reisen ganz oder teilweise bezahlt und noch nicht angetreten haben, werden deshalb wohl weitgehend leer ausgehen. Branchenexperten vermuten, dass sie höchstens zehn Prozent ihres Geldes vom Versicherer erstattet bekommen.

Umstrittene deutsche Sonderregelung

Grund dafür ist eine gesetzliche Regelung: Versicherer können die Leistungen, die sie pro Jahr aus der Absicherung von Pauschalreisenden zahlen, auf 110 Millionen Euro beschränken. Im Fall Thomas Cook reicht diese Summe bei Weitem nicht aus.

Verbraucherschützer kritisieren diese Begrenzung schon lange, doch die Lobby der Reiseveranstalter setzte sich durch und es blieb bei 110 Millionen Euro. Eine höhere Versicherungssumme hätte nämlich auch deutlich höhere Beitragszahlungen bedeutet. In der Europäischen Union (EU) gelten diesbezüglich Vorschriften mit besserem Kundenschutz.

Ein Gesetz – zwei Auslegungen

Das Bundesjustizministerium sieht das Problem, geht aber nicht davon aus, dass die Lage für die Thomas Cook-Opfer so düster ist wie befürchtet. Die 110 Millionen Euro bezögen sich nur auf die Entschädigung von Urlaubern, die noch nicht gefahren sind, nicht auf die Rückholung, so ein Sprecher gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Die Rückholung sei unabhängig von der Entschädigung für Voraus- und Anzahlungen versichert. Die Versicherung legt das Gesetzt allerdings anders aus: Es sehe eine Beschränkung der gesamten Zahlungen vor. Eine verfahrene Situation.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sieht in der Thomas-Cook-Insolvenz einen möglichen Fall für die Staatshaftung, weil die Bundesregierung die EU-Richtlinie schlecht umgesetzt hat. Die Policen seien kein wirksamer Schutz der Kundengelder, wie in der EU-Richtlinie gefordert. Geschädigte könnten deshalb gegen die Bundesrepublik klagen. Solche Verfahren dauern allerdings Jahre. Betroffene sollten auf jeden Fall ihre Ansprüche anmelden – am besten über die Webseite des beauftragten Dienstleisters Kaera (www.kaera-ag.de).

Das Justizministerium bereitet jetzt ein Forschungsprojekt vor, in dem bessere Möglichkeiten zur finanzellen Absicherung von Kunden geprüft werden sollen. Andere EU-Länder machen es vor. Bis zur Gesetzesänderung haben sich Urlauber, die in Deutschland Pauschalreisen buchen, bei Insolvenz des Anbieters keine Gewährleistung und können sich auch nicht zusätzlich absichern. Nur bei reinen Flugbuchungen bieten Versicherer Reiserücktrittsversicherungen an, mit denen sich Reisende auch für den Fall von annullierten Flügen absichern können. Man muss dann allerdings Flug und Hotel separat buchen.