Die sieben Todsünden im Straßenverkehr

Veröffentlicht am in Verkehrsrecht

Jeder kennt das Risiko, wegen eines Verkehrsverstoßes verkehrsrechtlich belangt zu werden. Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr führen zu Verwarnungs- und Bußgeldern. Sind die Ordnungswidrigkeiten gravierend, können auch Fahrverbote angeordnet werden. Weniger bewusst ist vielen Verkehrsteilnehmern das Risiko, wegen eines Verkehrsverstoßes auch strafrechtlich belangt zu werden. Verkehrsrecht und Strafrecht können sehr eng beieinander liegen. Zu den bedeutsamsten Vergehen zählen die sogenannten sieben Todsünden im Straßenverkehr.

Noch Verkehrssünder oder schon Straftäter?

Die Konsequenzen von Verstößen gegen das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) sind im Bußgeldkatalog aufgeführt. Im Rahmen eines Bußgeldverfahrens kommt es zu Punkten im Verkehrszentralregister in Flensburg und unter Umständen zu einem Entzug der Fahrerlaubnis. Auch die Haftung bei einem Verkehrsunfall richtet sich nach dem Verkehrsrecht. Aber wann werden Verkehrssünder zu Straftätern?

Das Strafrecht sanktioniert die Gefährdung des Straßenverkehrs dann, wenn der Autofahrer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, beispielsweise die Vorfahrt anderer missachtet und dadurch andere Personen oder fremde Sachen gefährdet.

Ein Beispiel: Ein einfacher Rotlichtverstoß kostet zum Beispiel 90 Euro Bußgeld und bringt einen Punkt in Flensburg. Gefährdet der Fahrer beim Überfahren einer roten Ampel jedoch andere Verkehrsteilnehmer, wird sein Rotlichtverstoß nicht nur teurer – er gilt jetzt auch als Straftäter nach § 315c Strafgesetzbuch (StGB) – Gefährdung des Straßenverkehrs. Es drohen dann neben der Geldstrafe eine Entziehung der Fahrerlaubnis und Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.

Paragraf 315c: Gefährdung des Straßenverkehrs

Paragraf 315c StGB ist wohl die wichtigste Vorschrift des Verkehrsstrafrechts. Er greift, wenn der Fahrzeugführer in fahruntüchtigem Zustand fährt oder grob verkehrswidrig und rücksichtslos einen besonders gefährlichen Verkehrsverstoß begeht und dadurch „Leib und Leben“ einer anderen Person oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Zu diesen schwerwiegenden Vergehen zählen das Führen eines Fahrzeugs nach dem Genuss von Rauschmitteln oder trotz geistiger oder körperlicher Einschränkungen. Das können zum Beispiel Übermüdung, Farbenblindheit, altersbedingte psychosoziale Leistungsdefizite oder Anfallsleiden sein. In der Praxis überwiegt aber die Fahrunsicherheit infolge des Konsums alkoholischer Getränke oder Drogen.

Die sieben Todsünden des Straßenverkehrs

Der Paragraf 315c StGB betrifft auch denjenigen, „der grob verkehrswidrig und rücksichtslos

a) die Vorfahrt nicht beachtet,

b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,

c) an Fußgängerüberwegen falsch fährt,

d) an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,

e) an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,

f) auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder

g) haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist.“

Diese Verstöße werden auch als die sieben Todsünden im Straßenverkehr bezeichnet.

Die Folgen der Straßenverkehrsgefährdung

Als Folge einer der aufgeführten Todsünden muss es zu einer konkreten Gefährdung eines anderen Menschen oder wertvoller fremder Sachen von bedeutendem Wert gekommen sein und der Täter muss grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt haben.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird ein im Verkehrszentralregister unvorbelasteter Täter in der Regel mit einer Geldstrafe von etwa 30 bis 80 Tagessätzen bestraft. Außerdem bedeutet eine Straßenverkehrsgefährdung, dass der Täter sich als charakterlich ungeeignet für die Teilnahme am Straßenverkehr erwiesen hat. Deshalb wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Nur in Ausnahmefällen – bei einer sehr günstigen Täterprognose – kann das Gericht von dieser Sanktion absehen.

Weitere strafrechtlich relevante Verkehrsdelikte

Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr regelt Paragraf 315b StGB. Diese Norm soll verkehrsfremde Eingriffe verhindern. Unter diesen Paragrafen fallen Handlungsweisen, die selbst nicht Teil von Verkehrsvorgängen sind, sondern von außen auf den Verkehr einwirken. Das können zum Beispiel das Werfen von Steinen oder anderen Gegenständen gegen die Windschutzscheibe eines anderen Fahrzeugs sein oder das plötzliche Ins-Lenkrad-Greifen eines Beifahrers.

Die Paragrafen 229 und 222 StGB befassen sich mit fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Kommt es durch einen Verkehrsverstoß zur Verletzung oder sogar Tötung eines Menschen, können die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung erfüllt sein.

Eine sehr bedeutsame Strafvorschrift ist auch der Paragraf 142 StGB: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, umgangssprachlich als „Unfallflucht“ oder „Fahrerflucht“ bezeichnet. Diese Vorschrift soll die Durchsetzung der bei einem Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche der Beteiligten untereinander sichern und unberechtigte Ansprüche abwehren. Jeder, der zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann, muss an der Unfallstelle Feststellungen zu seinen Personalien ermöglichen. Dafür muss er gegebenenfalls auch warten, bis feststellungsbereite Personen eintreffen.

Neben diesen Vorschriften, die eine konkrete Gefährdung anderer beinhalten, gibt es noch andere bedeutende Straftatbestände, die dem Interesse eines geordneten und möglichst sicheren Verkehrsablaufs dienen. Zu ihnen zählen das Fahren ohne Fahrerlaubnis, die Nutzung eines Kraftfahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung und unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs.

Nicht jeder Vorwurf erweist sich als begründet

Es gibt Fälle, in denen es schwierig ist, zwischen Ordnungswidrigkeiten und strafrechtlich relevanten Verstößen zu unterscheiden. Lässt sich zum Beispiel bei einem Rotlichtverstoß feststellen, dass die Gelbphase zu kurz geschaltet war und und der Autofahrer nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, ist er möglicherweise entlastet. Es kommt immer auf die Umstände im Einzelfall an.

Weil Verkehrsrecht und Strafrecht den gleichen Sachverhalt bewerten, sollte im Zweifelsfall immer ein Anwalt konsultiert werden. Wenn Sie einen Geschwindigkeits-, Rotlicht-, Abstands- oder Alkoholverstoß begangen haben oder mit dem Handy am Steuer erwischt wurden, wenden Sie sich gern an unsere Verkehrsrechtsexperten. Wir klären, ob sich Punkte, Bußgelder oder Fahrverbote verhindern lassen. Machen Sie den kostenfreien und unverbindlichen Test oder lassen Sie sich beraten!