AVM vs. Bundesnetzagentur – Wahlfreiheit bei Routern?

Veröffentlicht am in Wettbewerbsrecht

Sachverhalt

Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland stellt sich dieses Problem: Manche Anbieter lassen nur ihre eigenen Geräte zu und sind nicht bereit, die nötigen Zugangsdaten für den Anschluss eines Nutzer-Gerätes herauszugeben. In diesem Zusammenhang kritisiert der Hersteller AVM Computersysteme Vertriebs GmbH die Zustimmung der Bundesnetzagentur zum sogenannten Routerzwang am Breitbandanschluss des Anwenders und fordert eine genauere Auslegung des Gesetzes für Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen (FTEG). Hauptdiskussionspunkte sind die Formulierungen in § 2 Nr. 1 und 5 FTEG für „Gerät“ und „Schnittstelle“.

„Nr. 1 „Gerät“

eine Einrichtung, bei der es sich entweder um eine Funkanlage oder um eine Telekommunikationsendeinrichtung oder um eine Kombination von beiden handelt;

.Nr. 5 […] „Schnittstelle“

a) ein Netzabschlusspunkt, das heißt der physische Anschlusspunkt, über den der Benutzer Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen erhält, und/oder

b) eine Luftschnittstelle für den Funkweg zwischen Funkanlagen und die entsprechenden technischen Spezifikationen.“

Das Gesetz sieht vor, dass ein Nutzer jedes zulässige Endgerät an einer definierten Schnittstelle betreiben darf, jedoch lässt das Gesetz offen, was genau mit Schnittstelle und Endgerät gemeint ist.

Auffassung der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, sie habe „keine rechtliche Handhabe gegen die Kopplung Vertrag nur mit bestimmten Router Ihres Netzbetreibers“.

Zudem könne der Router als Teil des Netzes gesehen werden. Bestimme der Netzbetreiber, dass es sich beim Router um einen Netzbestandteil handele, seien die Schnittstellen des Routers die Schnittstellen, an denen der Nutzer Endgeräte betreiben dürfe, und nicht die Anschlüsse „an der Wand“ oder „an der Dose“. „Ein Anspruch auf Umgehung des Routers Ihres Netzbetreibers besteht in der gegebenen Konstellation nicht“, so die Bundesnetzagentur. In einem Antwortbrief auf eingegangene Beschwerden schreibt sie ferner:

Wenn Sie einen eigenen ‘Router’ an der Wand beziehungsweise an der Dose betreiben wollen und zur Einrichtung bestimmte Kennwörter benötigen, besteht keine Verpflichtung der Netzbetreiber zur Nennung der entsprechenden Kennungen.” Und weiter: “Im Übrigen hält auch die EU-Kommission, die für die Einhaltung der dem FTEG zugrunde liegenden europäischen Richtlinie zuständig ist, Maßnahmen gegen einen ‘Router-Zwang’ gegenwärtig weder für rechtlich möglich noch für erforderlich.”

Auffassung der AVM Computersysteme Vertriebs GmbH

AVM vertritt hingegen die Auffassung, dass das Endgerät vor dem Router liege, also die Anschlüsse „an der Wand“ oder „an der Dose“. Es habe ansonsten für betroffene Nutzer gravierende Folgen, wenn diese von Innovationszyklen des Routers durch ihren Netzbetreiber abhängig seien. Verbraucher würden auch die Möglichkeit verlieren, ein Endgerät nach ihren Ansprüchen wählen zu können. Bei Mobiltelefonen, so AVM weiter, sei es unvorstellbar, dass an einem Mobilanschluss nur ein vom Netzbetreiber vorgegebenes Handy funktioniere. „Mit einer solchen Einschränkung wäre es kaum zur Entwicklung von Smartphones gekommen“, so AVM. Zudem stelle diese Praxis eine wesentliche Änderung gegenüber der langjährigen erfolgreichen Praxis im Markt dar.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Streit nun entwickeln wird. Beide Parteien sind noch fleißig dabei, weitere Argumente für ihre Standpunkte zu sammeln. Im Ergebnis dürfte wohl eine solche Handhabung seitens der Bundesnetzagentur nicht ganz unbedenklich sein. Es stellt sich zu einem die Frage, ob sie mit dem Grundsatz der Netzneutralität für Netzbetreiber vereinbar ist, denn dieser sieht u.a. vor, dass jeder einen Internetzugang erhält, der:

  • Sie jeden Inhalt ihrer Wahl senden und empfangen lässt
  • Dienste und Anwendungen Ihrer Wahl nutzen lässt
  • Hardware und Software Ihrer Wahl nutzen lässt

Zum anderen stößt eine solche Praxis der Netzprovider möglicherweise auf wettbewerbsrechtliche Bedenken.

UWG – Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist durchaus denkbar. Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Hier käme in Betracht:

„§ 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen

    • (1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

[…]“

Ein Routerzwang ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Eine geschäftliche Handlung ist ein Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes zusammenhängt. Spürbar ist eine Beeinträchtigung bereits dann, wenn sie nicht bloß theoretisch möglich ist, sondern tatsächlich eintreten kann. Gemäß § 8 UWG kann bei einem Verstoß ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.

GWB – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Das Gesetz bezweckt die Erhaltung eines funktionierenden, ungehinderten und möglichst vielgestaltigen Wettbewerbs; es reglementiert und bekämpft daher vor allem die Akkumulation und den Missbrauch von Marktmacht sowie die Koordination und Begrenzung des Wettbewerbsverhaltens unabhängiger Marktteilnehmer. Durch einen Routerzwang besteht theoretisch die Gefahr, dass der dahinter stehende Netzbetreiber eine marktbeherrschende Stellung erlangt, z.B. dann wenn der Netzbetreiber ohne Wettbewerber ist, keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Dies ist gemäß § 19 Abs. 1 GWB verboten und bei einem Verstoß gegen das GWB droht ein hohes Bußgeld.

㤠19 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

  • (1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten

[….]“