Das Abwerben von Kunden ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu (OLG München, Urteil v. 01.03.2012 – Az.: 23 U 3746/11).
Sachverhalt
Die Klägerin war ehemalige Vertragspartnerin der Beklagten und hatte diese auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Beklagte, eine Handelsvertreterin, sollte es unterlassen, Kunden (hier Eheleute), die auf Vermittlung der Klägerin Verträge im Finanzdienstleistungsbereich abgeschlossen hatten, zur Aufgabe oder zur Einschränkung solcher Verträge zu veranlassen.
Entscheidung
Das OLG lehnte einen Unterlassungsanspruch ab, mit der Begründung, dass sich aus dem Schreiben der Beklagten an die Eheleute keine Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass sie versucht hätte, diese dazu zu veranlassen, bestehende Verträge aufzuheben oder einzuschränken. Das Schreiben der Beklagten, dass sie als Ansprechpartner zur Verfügung stehe, wenn weiterhin eine Betreuung durch sie gewünscht werde, und dass sie wegen entsprechender Vergleichsmöglichkeiten die besseren Sachargumente habe, sei als Werbung zu verstehen. Eine ernsthafte Gefahr, so das Gericht, die Kunden auch zur Stornierung laufender Versicherungsverträge zu veranlassen, würde sich nicht daraus ergeben.
Des Weiteren betonte das Gericht:
„Das Abwerben von Kunden ist jedoch nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur beim Hinzutreten besonderer Umstände unlauter, denn aus wettbewerbsrechtlicher Sicht besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den Fortbestand des Kundenstamms. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des freien Wettbewerbs, und zwar auch dann, wenn die Kunden noch vertraglich an den Mitbewerber gebunden sind.“
Abschließend stellte das OLG fest:
„Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmer auf eine Vertragsauflösung unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen (Kündigungs-, Anfechtungs- oder Widerrufsfristen) hinwirkt und zu eigenen Wettbewerbszwecken ausnutzt (BGH GRUR 1997, 920, 921 – Automatenaufsteller).“