Unternehmen dürfen Vertrieb über Internetplattformen nicht beschränken

Veröffentlicht am in Wettbewerbsrecht

Der Kamerahersteller Casio Europe darf in seinen Händlerverträgen nicht den Vertrieb über Internetplattformen wie Amazon und eBay ausschließen. Das hat jüngst das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig Holstein mit Urteil vom 05.06.2014 (Az. 16 U (Kart) 154/13) entschieden. Damit bestätigten die Richter zugleich das Urteil der Vorinstanz.

Verstoß gegen Wettbewerbs- und Kartellrecht

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Auf die Klage der Wettbewerbszentrale hin hatte das LG Kiel dem Unternehmen Casio Europe die Verwendung folgender AGB-Klausel in seinen Händlerverträgen wegen Kartellverstoßes untersagt:

„Der Verkauf über sogenannte ‚Internet-Auktionsplattformen‘ (z.B. eBay), Internetmarktplätze (z.B. Amazon Marketplace) und unabhängige Dritte ist nicht gestattet.“

Die Wettbewerbszentrale beanstandete den Passus aus wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gründen. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht bestätigte in zweiter Instanz, dass die von Casio verwendete Vereinbarung eine Wettbewerbseinschränkung sowohl bewirke als auch bezwecke und daher kartellrechtswidrig sei.

Es sind konkret zwei Seiten betroffen

Die Händler würden im Verkauf eingeschränkt, da für sie keine Möglichkeit bestehe, in Konkurrenz mit anderen Wettbewerbern zu treten, die ähnliche Produkte auf Auktionsplattformen wie eBay oder Amazon anbieten. Evidente Folge dieser Beschränkung sei die Reduzierung des Preisdrucks, die nicht durch andere Preisvergleichsportale oder Online-Shops anderer großer Händler kompensiert werden könne. Vernünftigerweise müsse zudem angenommen werden, dass es Casio gerade auch auf diesen Effekt ankam.

Aber auch die Verbraucherinteressen seien beeinträchtigt. Aus Verbrauchersicht bringe der Ausschluss des Vertriebs über Internetplattformen eine Limitierung des Zugangs zum E-Commerce mit sich, da die Erreichbarkeit des Händlers eingeschränkt sei.

Die Erklärungsbedürftigkeit des Produkts als Grund für den Ausschluss des Vertriebs über Internetplattformen ist nicht einleuchtend. Die zur Rechtfertigung von Casio angeführten Argumente überzeugten das Oberlandesgericht nicht. Einen Verkauf über Online-Plattformen auszuschließen, weil es sich bei den Kameras um technisch so hochwertige und damit erklärungsbedürftige Produkte handele, war für das Gericht nicht einleuchtend. Zu Unrecht bestreite die Beklagte unter dem Aspekt der Qualitätssicherung die Vorteile, die die angesprochenen Online-Plattformen für Käuferkunden bieten.

Derartige Plattformen böten im Gegenteil ein hohes Maß an Transaktionssicherheit. Das Gericht hielt weiterhin fest, dass ein Unternehmen selbstverständlich frei entscheiden dürfe, in welcher Art und Weise es seinen Vertrieb organisiert. Ausnahmen ergeben sich jedoch dort, wo es zu Wettbewerbsbeschränkungen kommt. Dies hat seinen Grund, denn selektive Vertriebsbeschränkungen können nämlich nicht nur dem anerkannten und zulässigen Ziel dienen, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu sichern. Ebenso besteht die Gefahr, dass es zu Marktbehinderungen kommt. Im Rahmen sogenannter selektiver Vertriebssysteme mögen zwar beschränkende Vereinbarungen unter bestimmten restriktiven Voraussetzungen zulässig sein. Ein solches System weise aber der Vertrieb der Firma Casio nicht auf.

Da es sich bei dem Ausschluss des Internetplattformhandels um eine Beschränkung des Kernbereichs des Wettbewerbs handele, komme auch eine Freistellung vom Kartellverbot nicht in Betracht. Mithin besteht der Unterlassungsanspruch der Wettbewerbszentrale. Ob damit die Sache endgültig geklärt ist, ist allerdings noch unklar, da Casio der Weg zum Bundesgerichtshof (BGH) noch offen steht.