Versteckte Entgeltklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Veröffentlicht am in Wettbewerbsrecht

Nahezu jeder Internetnutzer hat schon einmal eine Website besucht, in der Produkte oder Dienstleistungen als „free“ oder „gratis“ angeboten werden. Oft verstecken sich in den AGB jedoch sogenannte Entgeltklauseln, nach denen das Angebot letztlich doch kostenpflichtig ist.

Und schon ist man in die Kostenfalle getappt und hat oft ein mehrmonatiges Abonnement abgeschlossen. Die Rechnung versuchen die Betreiber dann häufig mit Hilfe von Inkassounternehmen oder Rechtsanwälten einzutreiben. Aufgrund des Drucks oder aus Unkenntnis zahlen viele der Betroffenen, obwohl in der Regel gar kein Anspruch des Anbieters besteht. Hierzu gibt es inzwischen umfangreiche Rechtsprechung (z.B. LG Mannheim, MMR 2010, S. 241 ff.; OLG Frankfurt/M. MMR 2009, S. 341 ff.; LG Mannheim MMR 2009, S. 568 ff.; AG Hamm MMR 2008, S. 763 ff.; AG München,  BeckRS 2007, 03246). Denn solche Entgeltklauseln in AGB stellen regelmäßig überraschende Klauseln im Sinne des § 305c BGB dar und werden nicht Vertragsbestandteil. Überraschend sind Klauseln, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht.

Das LG Berlin führt (MMR 2012, S. 95 ff.) in einem Urteil aus:

„Dabei richtet sich das, was ungewöhnlich ist, nach den Gesamtumständen. Vorliegend ergibt sich, wie oben ausgeführt, aus der Art der Dienstleistung i.V.m. dem optischen Erscheinungsbild, dass ein durchschnittlich informierter und verständiger Internetnutzer nicht ohne weiteres damit rechnet, für die angebotene Leistung ein Entgelt entrichten zu müssen. Entsprechend deutlich muss dann aber die Kostenpflichtigkeit gerade gekennzeichnet werden. […] Auch die Notwendigkeit, persönliche Daten einzugeben, lässt nicht zwingend den Schluss auf Kostenpflichtigkeit zu. […] Weder die Abfrage der Daten noch der Hinweis auf AGB führen dazu, dass der Durchschnittsverbraucher erkennt, eine Vergütungsverpflichtung einzugehen, schon gar nicht eine zwölfmonatige Vertragsbindung mit einer nicht unerheblichen Zahlungspflicht.“

Überraschend ist die Kostenpflichtigkeit insbesondere, wenn die angebotenen Dienstleistungen oder die angebotene Software üblicherweise auch kostenlos erhältlich sind.

So heißt es in einem Urteil des OLG Frankfurt (s.o.):

„Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der auf eine Website wie „[…].com” […] gelangt, rechnet nicht ohne weiteres damit, für das dort angebotene Downloaden von Grafiken oder den Zugriff auf eine Datenbank mit über 2.000 Gedichten etwas bezahlen zu müssen. Vergleichbare Angebote werden im Internet in erheblichem Umfang kostenlos unterbreitet. Teilweise geschieht dies zur Erzielung von Werbeeinnahmen, teilweise, um Internetnutzer zu einem weiteren „besseren”, dann aber kostenpflichtigen, Angebot hinzuführen, teilweise aber auch aus anderen Gründen. Der Durchschnittsverbraucher ist es daher gewohnt, im Internet zahlreiche kostenlose und gleichwohl durchaus nützliche Dienstleistungs- und Downloadangebote anzutreffen, ohne den Grund für die Unentgeltlichkeit solcher Angebote jeweils zu kennen oder erkennen zu können.“

Die zur Abwehr der unberechtigten Inanspruchnahme entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten sind nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB erstattungsfähig (LG Mannheim, MMR 2010, S. 241 ff.), wenn dem Betreiber zumindest fahrlässig bekannt war, dass seine Forderung tatsächlich nicht besteht. Die Verwendung derartiger Entgeltklauseln ist auch in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht zu beanstanden. Es besteht ein Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch gegen den Anbieter nach §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 1 PAngV, wenn die Preisangabe auf der beanstandeten Website nicht leicht erkennbar ist. Zugleich liegt ein Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung vor, weil der angesprochene Verkehr über die Entgeltlichkeit der angebotenen Dienstleistungen irregeführt wird (§§ UWG § 3, 5 UWG). Handelt der Internetanbieter vorsätzlich, kann zudem ein Anspruch auf Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG bestehen.

Eine Entschärfung der Problematik ist aufgrund des am 1. August 2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des BGB zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr („Buttonlösung“) zu erwarten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass nur dann ein wirksamer Vertrag mit dem Verbraucher zustande kommt, wenn dieser die Zahlungspflichtigkeit des Angebots wirklich kennt. Bei einer Online-Bestellung sind nunmehr im Rahmen der Bestellungsübersicht verpflichtend die Angaben über den Gesamtpreis, Versand- und Zusatzkosten sowie die Mindestlaufzeit in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung zu stellen. Am Ende des Bestellvorgangs muss ein Bestellbutton eindeutig die Zahlungspflichtigkeit der Bestellung erkennen lassen.

Der Unternehmer muss beweisen, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten hat, ansonsten ist kein wirksamer Vertrag zustande gekommen.

Der „neue“ § 312g BGB lautet:

(2) Bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Absatz 1 Nummer 4 erster Halbsatz und Nummer 5, 7 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.

(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

(4) Ein Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 kommt nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt.“