Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich gestern zum ersten Mal mit dem VW-Abgasskandal befasst. Es ging um die Frage, ob Dieselfahrern für manipulierte Fahrzeuge Schadensersatz zusteht. Das Urteil soll erst am 25. Mai verkündet werden, der Richter gab aber bereits seine vorläufige Rechtsauffassung bekannt: Er gab dem Kläger in wesentlichen Punkten recht und hält den Schadensersatzanspruch für begründet – ein bahnbrechender Erfolg für getäuschte Dieselkunden. Die Verbraucherkanzlei VON RUEDEN war für Sie vor Ort.
Das höchste deutsche Zivilgericht hat sich am 5. Mai zum ersten Mal in einem Verfahren zum Abgasskandal geäußert – mit Signalwirkung für unzählige Verfahren in Deutschland. Der 6. Zivilsenat des BGH prüft die Forderungen von Herbert Gilbert aus Rheinland-Pfalz, der sich 2014 bei einem freien Händler einen gebrauchten VW Sharan mit dem manipulierten EA189-Motor gekauft hat, den er gegen Erstattung des vollen Kaufpreises in Höhe von 31.500 Euro zurückgeben wollte (Az. VI ZR 252/19).
Vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht?
Das Oberlandesgericht Koblenz urteilte, der Kläger sei vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht worden, und sprach ihm 26.000 Euro Schadensersatz zu. Volkswagen lehnte den Schadensersatzanspruch des Geschädigten ab. Dagegen wehrte sich Kläger bis in die letzte Instanz. Er hätte den Kaufvertrag nie unterschrieben, wenn er von der Abschaltvorrichtung gewusst hätte.
VW vertritt den Standpunkt, dass der Erwerb eines mangelhaften Fahrzeugs die Käufer nicht schädigt: „Entgegen der vorläufigen Ansicht des BGH sind wir nicht der Ansicht, dass allein der Kauf eines Fahrzeugs schon eine Schädigung darstellt.“ Die betreffenden Fahrzeuge seien sicher und voll verkehrstüchtig – also gebe es auch keinen Schaden. Man werde das Urteil abwarten müssen.
Das VW-Argument, der Kläger habe das Fahrzeug ja weiter nutzen können, womit die volle Brauchbarkeit gewährleistet sei, teilte der Richter nicht. Es gebe im Revisionsverfahren keine Anzeichen, dass Gilbert das Auto auch gekauft hätte, wenn er von der Abschaltsoftware gewusst hätte.
Wie hat sich der BGH positioniert?
Das Gericht hat sich damit in seiner vorläufigen Rechtsauffassung auf die Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland gestellt. Die Argumente des Volkswagen-Konzerns konnten den vorsitzenden Richter Stephan Seiters nicht überzeugen. Volkswagen habe den Käufer durch den Kauf eines manipulierten Dieselfahrzeugs bedingt vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, so Seiters in seiner vorläufigen Einschätzung. Das begründe einen Schadensersatzanspruch.
Kein guter Verhandlungsauftakt für den VW-Konzern und dessen Anwalt Reiner Hall: Der Richter habe ihm „einen ordentlichen Fels“ in den Weg gelegt, leitete er seinen Vortrag ein. In der Frage, ob und inwieweit Nutzungsersatz abzuziehen ist, folgte das Gericht der Argumentation der Klägerseite allerdings nicht und kam VW entgegen. Gilbert wollte sich den vollen Kaufpreis erstatten lassen, wird sich jedoch für die gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen.
Was ist das Spektakuläre an diesem Verfahren?
Bleibt das Gericht bei seiner vorläufigen Rechtsauffassung, wofür es gute Gründe gibt, dürfen sich zehntausende geschädigte Diesel-Kunden, die in individuellen Verfahren gegen Volkswagen vorgehen, auf Schadensersatz freuen. Das Urteil könnte zudem eine Flut von neuen Klagen gegen VW auslösen – und gegen alle anderen vom Abgasskandal betroffenen Autohersteller. Im der Regel folgen die Landgerichte und Oberlandesgerichte der Auffassung des Bundesgerichtshofs. Positioniert sich der BGH zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher, hat das großen Einfluss auf weitere Verfahren gegen den Automobilkonzern. Daher sprechen Verbraucheranwälte von einem historischen Tag mit Signalwirkung.
Weitere wichtige Urteile von BGH und EuGH erwartet
Im Sommer sollen vor dem BGH weitere VW-Dieselfälle verhandelt werden, zwei davon wurden für den 21. Juli angesetzt, eine für den 28. Juli. Auch hier fordern vom Abgasskandal betroffene Dieselkäufer Schadensersatz von VW. Beide Fälle kommen vom OLG Braunschweig, wo auch der Musterprozess stattfand. Der VW-Kundin, deren Fall am 28. Juli verhandelt wird, sprach das OLG Oldenburg bereits Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu. Die Richter waren zudem der Ansicht, dass sie sogenannte Deliktzinsen verlangen kann. Die Nutzung des Autos wurde angerechnet (Az. VI ZR 397/19).
Auch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg können betrogene Dieselkunden Rückenwind erwarten: In ihrem Schlussplädoyer hat Generalanwältin Eleanora Sharpston Abschalteinrichtungen zur Manipulation des Emissionskontrollsystems als „unionsrechtlich verboten“ eingestuft. Dieser Entscheidungsvorschlag ist für das oberste Gerichts der Europäischen Union zwar nicht bindend, doch meistens folgen die Richter den Einschätzungen der Generalanwälte.
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