Auch neue Dieselmotoren Euro 6d temp nicht immer sauber

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Dieselmotoren mit der Abgasnorm Euro-6d-Temp sollen sauber sein und gelten sogar als „Luftreiniger“. Fahrzeuge mit diesem Standard stoßen angeblich bis zu 99 Prozent weniger Stickoxide als Euro-5-Diesel und kaum Feinstaub aus. Aber ist die neueste Motoren-Generation wirklich so umweltfreundlich? Laut einer aktuellen Studie machen die neuen Motoren gern mal Pausen bei der Sauberkeit.

Der saubere Diesel wurde durch zusätzliche und bessere Katalysatoren und größere Tanks für das Abgasreinigungsmittel AdBlue möglich. Doch laut einer Untersuchung der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) haben sie einen  erheblichen Makel bezüglich der Feinstaub-Emissionen: Sie machen Sauberkeitspausen und stoßen dadurch nach wie vor große Mengen Schadstoffe aus.

Reinigung der Partikelfilter erhöht Feinstaub-Emissionen

T&E ist ein Dachverband von über 50 nichtstaatlichen europäischen Organisationen aus dem Bereich nachhaltiger Verkehr. In Brüssel gab die Organisation bekannt, Labortests hätten gezeigt, dass die Feinstaub-Emissionen um ein Vielfaches höher liegen als angegeben. Grund dafür sei die Reinigung der Diesel-Partikelfilter, die auch im Stadtverkehr auftreten könne.

In den Partikelfiltern, die neuen Dieselfahrzeugen zu ihren guten Abgaswerten verhelfen, sammelt sich mit der Zeit Ruß an, der die Filter verstopfen kann. Um das zu verhindern, brennt die Motorsteuerung den Filter nach etwa 500 gefahrenen Kilometern frei. Bei offiziellen Emissionstests wird der Reinigungsvorgang jedoch ausgeklammert.

Grenzwerte um bis zu 115 Prozent überschritten

Nach Angaben von T&E haben gängige Pkw-Modelle die Grenzwerte für die Partikelzahl um bis zu 115 Prozent überschritten und bei Emissionsspitzen könne der Wert sogar auf mehr als das Tausendfache des Normalbetriebs hochschnellen.

T&E hat testen lassen, welche Schadstoffe dabei freigesetzt werden. Geprüft wurden die Emissionen von zwei aktuellen Euro-6d-Temp-Diesel: die eines Opel Astra 1,6 D und eines Nissan Qashqai 1,5 dCI. Die Testergebnisse sind ernüchternd: Beide Modelle stießen während der Reinigung des Filters mehr als tausendmal so viel Feinstaub wie im normalen Fahrbetrieb aus.

Solche Emissionsspitzen sind allerdings von den EU-Abgasnormen ausgenommen. Das führt dazu, dass laut T&E 60 bis 99 Prozent des Ausstoßes aller eigentlich regulierten Partikel nicht berücksichtigt werden.

Neue Diesel stoßen gefährliche Partikel aus

„Zu behaupten, Dieselfahrzeuge seien jetzt sauber, ist falsch“, stellt Jens Müller von der Umweltorganisation T&E fest. Zwar hielten Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro-6d-Temp sämtliche Grenzwerte in den gesetzlich vorgeschriebenen Tests ein, doch die hätten zu viele Lücken. Dieselautos könnten deshalb noch immer eine hohe Anzahl gesundheitsgefährdender Partikel ausstoßen. „Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass künftige Grenzwerte auch während der Filterregeneration eingehalten werden.“

Laut Stefan Carstens vom Abgassensorik-Unternehmen EngineSens lassen sich die hohen Feinstaubwerte auf absehbare Zeit nicht abstellen. „Bevor das technisch gelöst ist, spielt der Verbrennungsmotor als Standardantrieb im Straßenverkehr wahrscheinlich keine Rolle mehr.“ Trotzdem sei der dabei entstehende Feinstaub vergleichsweise ungefährlich. Kritisch seien vor allem Partikel, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind und bis in die Lungenbläschen gelangen können. Sie spielen Carstens zufolge beim Freibrennen des Filters insgesamt aber nur eine geringe Rolle.

Weiteres Schadstoffrisiko: Ammoniak

T&E Luftqualitätsmanager Müller weist darauf hin, dass Euro-6d-Temp-Diesel neben dem Feinstaub noch ein weiteres Schadstoffrisiko bergen. Moderne Diesel spritzen eine Harnstofflösung ein, um den Ausstoß von Stickoxiden zu senken. Das dafür nötige SCR-System wird bei der Filterregeneration jedoch zum Problem.

Aus der eingspritzten Harnstofflösung AdBlue, das Stickoxide neutralisieren soll, entsteht unter großer Hitze Ammoniak. Der freigesetzte Ammoniak kann in der Luft mit anderen Gasen reagieren und gesundheitsgefährdende Partikel bilden. Allerdings lässt sich der Ausstoß von Ammoniak durch Ammoniaksperrkatalysatoren vermeiden.

Laut T&E sind die Dieselpartikelfilter trotz der erhöhten Feinstaubwerte wichtig, um die Emissionen insgesamt zu senken. Doch solange Dieselautos nicht in der Lage seien, Grenzwerte in allen Fahrsituationen einzuhalten, könnten sie wohl kaum als „sauber“ bezeichnet werden.