Fiat Chrysler und Iveco: Gewerbsmäßiger Betrug bei den Abgaswerten von Wohnmobilen

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Camping wird immer beliebter, doch viele Wohnmobile verstoßen gegen Umweltauflagen. Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt sind schon 300 Anzeigen gegen Fiat Chrysler und Iveco eingegangen und es werden immer mehr – rund 90 Prozent davon betreffen Wohnmobile. Der Verdacht der Strafverfolger lautet auf gewerbsmäßigen Betrug bei den Abgaswerten von Diesel-Campern. Ein Gutachten der Deutschen Umwelthilfe hatte ergeben, dass die Sickoxidwerte im Straßenbetrieb dramatisch höher sind als gesetzlich erlaubt.

Bei Fiat Chrysler und dem Schwesterkonzern Iveco haben Ermittler im Sommer 2020 in Deutschland, Italien und der Schweiz Diesel-Razzien durchgeführt und suchen seitdem nach potenziellen Zeugen im Abgasskandal. Drei Mitarbeiter des Fiat-Chrysler-Konzern werden beschuldigt, die Abgaswerte bei Dieselmodellen zu manipulieren.

Update 10.3.2021: Das erste Urteil im Abgasskandal um Wohnmobile von Fiat in Deutschland ist gefallen: Das Landgericht Koblenz sprach einem Campingmobil-Besitzer eine Entschädigung in Höhe von über 52.000 Euro zu.

Dramatische Überschreitungen der Stickoxid-Grenzwerte

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat kürzlich unter der Leitung von Axel Friedrich, dem früheren Abteilungsleiter Verkehr und Lärm beim Umweltbundesamt, ein Gutachten erstellen lassen, für das zwei Fiat-Reisemobile der Euronorm 5 untersucht wurden. Beide überschritten die zulässigen Werte für den Ausstoß von giftigen Stickoxiden „bei Weitem“, so die Gutachter. Die Messwerte für die untersuchten Wohnmobilmotoren sind alarmierend: Der Ducato 150 Multijet, Pilote G700G, überschritt den Stickoxidgrenzwert im realen Fahrbetrieb um den Faktor 6,9 und beim Ducato 150 Multijet, Dethleffs T7150 lag der Messwert beim 9,9-Fachen des zulässigen Grenzwerts.

Durch das Gutachten kommt jetzt noch mehr Dynamik in den Fiat-Dieselskandal. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt geht davon aus, dass der Fahrzeughersteller bei zahlreichen Modellen der Marken Fiat, Alfa Romeo, Jeep und bei den Iveco-Nutzfahrzeugen in den Jahren 2014 bis 2019 mit Betrugs-Software gearbeitet hat, um zu hohe Stickoxidwerte bei Abgastests nach unten zu manipulieren.

Bei den hohen Kaufpreisen von Reisemobilen können die wirtschaftlichen Schäden groß sein. Deshalb sollten Eigentümer von betroffenen Fahrzeugen unbedingt prüfen lassen, ob sich eine Betrugshaftungsklage in ihrem Fall lohnt. Unter Verdacht stehen derzeit konkret drei Iveco-Wohnmobile: Daily Hi-Matic, Daily 4×4 und Eurocargo. Die betroffenen Iveco-Motoren werden allerdings auch in zahlreichen anderen Camper-Marken verbaut – darunter Dopfer, Biomobil, Carthago, Niesmann Bischoff und Notin. Wahrscheinlich halten auch diese Modelle die EU-Abgasnormen nicht ein.

Deutlich mehr Fiat-Modelle betroffen als angenommen

Abgasexperte Friedrich geht davon aus, dass der Fiat-Abgasskandal schon 2008 begonnen hat. Es sind also vermutlich noch viel mehr Kunden des FCA-Konzerns vom Dieselskandal betroffen sein als bisher angenommen. In Deutschland waren am 1. Januar 2020 laut Kraftfahrt-Bundesamt etwa 1,2 Millionen Fiat-Fahrzeuge zugelassen, davon fast 290.000 Fiat Ducato mit reinen Dieselmotoren. Weitere zwölf Modelle von Fiat sind auch als Dieselversion erhältlich. Weil die Fahrzeuge laut Staatsanwaltschaft nicht genehmigungsfähig sind, drohen den Besitzern jetzt Fahrverbote oder Stilllegungen.

Softwareupdates sieht Friedrich kritisch, das sei technisch nicht machbar: Wenn die falsche Hardware eingebaut worden sei, könne man nicht mehr viel machen, weil Stickoxid-, CO2-Emission und Spritverbrauch zusammenhängen: „Wenn ich bei den Stickoxiden etwas verbessern will, verschlechtere dafür eine andere Komponente. Ohne Hardware-Nachrüstung keine saubereren Autos“, so der Experte.

Was sollten geschädigte Verbraucher jetzt tun?

Geschädigte Verbraucher können auch gegen Fiat Chrysler wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB vorgehen, um Schadensersatz für ihre manipulierten Camper zu erstreiten. In den USA hat Fiat Chrysler im vergangenen Jahr in einem Vergleichsverfahren bereits über 800 Millionen Dollar wegen möglicher Dieselmanipulationen gezahlt.

Europaweit klagen betrogene Kunden gegen Fiat und andere Autohersteller – oft mit Erfolg. Der Europäische Gerichtshof hat im Juli 2020 geurteilt, dass betroffene Dieselkäufer auch in ihrem Heimatland gegen die Autohersteller klagen dürfen (Az.: C-343/19). Das bedeutet: Innerhalb der EU können Geschädigte im Dieselskandal in dem Land klagen, in dem sie das Auto gekauft haben. Das erleichtert es Verbrauchern, ihre Schadensersatzforderungen geltend zu machen.

Wir raten betroffenen Besitzern von Wohnmobilen und anderen Fiat-Dieselfahrzeugen, gegen den Hersteller auf Schadensersatz zu klagen. Die Kanzlei VON RUEDEN vertritt bundesweit über 12.000 Diesel-Fahrer gegen die Autohersteller. Profitieren auch Sie von unserer Expertise im Abgasskandal und nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung!