Modell EA 189: Ansprüche gegen VW 2019 nicht verjährt!

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Während es beim Modell EA 288 noch keine Verjährungsproblematik gibt, befürchten manche VW-Kunden beim Modell EA 189 mit Jahresende 2019 eine Verjährung ihrer Ansprüche. Aber ist diese Sorge begründet? Sind die Ansprüche gegen Volkswagen für Käufer des Modells EA 189 jetzt verjährt?

Laut § 199 I Abs. 2 BGB beginnt die Verjährungsfrist am Ende des Jahres, in dem der Gläubiger von den Umständen erfahren hat, die seinen Anspruch rechtfertigen könnten. Außerdem muss der Kunde wissen, wer der Schuldner ist. Der potenzielle Kläger muss also über Kenntnisse verfügen, die auf Umstände schließen lassen, die einen möglichen Schadensersatzanspruch begründen (vgl. BGH, Urteil vom 3.6. 2008 – XI ZR 319/06).

Ausnahmeregelung bei besonders verwickelter und unklarer Rechtslage

Wenn es sich allerdings um eine „besonders verwickelte und unklare Rechtslage“ handelt, sieht der BGH die Anwendung einer Ausnahmeregelung vor, die einen Aufschub des Beginns der Regelverjährung ermöglicht. Diese Regelung greift dann, wenn die Erhebung einer Klage für den Gläubiger unzumutbar ist.

Das ist dann der Fall, wenn die rechtliche Lage nicht bekannt ist, weil eine nicht abschließend bewertete juristischen Aufarbeitung Raum für Spekulationen bietet und hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfrage (noch) keine eindeutige Rechtsauffassung formuliert werden kann.

Der BGH hat zwar darauf hingewiesen, dass das Fehlen einer höchstrichterlichen Rechtsprechung der Annahme der Kenntnis nach § 199 I Abs. 2 BGB nicht entgegensteht. Doch wenn eine entgegenstehende Rechtsprechung der Annahme anspruchsbegründender Tatsachen widerspricht und sogar rechtskundige Dritte die Rechtslage nicht abschließend beurteilen können, steigt für den Kläger das Maß an Unsicherheit (vgl. BGH, Urteil vom 24.2.1994 – III ZR 76/92).

2016: alle Urteile zum Nachteil von VW-Käufern

Im Jahr 2016 wurde der Diesel-Skandal nicht vollständig aufgeklärt und auch die Verantwortlichkeit der an der Abschalteinrichtung beteiligten Personen konnte nicht abschließend geklärt werden. Die ersten ergangenen Gerichtsentscheidungen zum Abgasskandal haben diese zweifelhafte Rechtslage bestätigt.

So hat das Landgericht Bochum im Mai 2016 die Klage eines Verbrauchers gegen VW mit der Begründung abgewiesen, es habe keine erhebliche Pflichtverletzung stattgefunden (vgl. LG Bochum, Urteil vom 16.3.2016 – I-2 O 425/15). Es folgten zahlreiche weitere Gerichtsentscheidungen zum Nachteil getäuschter Käufer, darunter Urteile des LG Hagen (Urteil vom 07.10.2016 – 9 O 58/16) und des LG Braunschweig (Urteil vom 31.8.2017 – 3 O 21/17).

Im Jahr 2016 konnte also keineswegs von einer gesicherten Rechtslage ausgegangen werden. Betroffene VW-Kunden konnten demnach auch nicht von aussichtsreichen Verfahren ausgehen. Die Annahme, die betroffenen Käufer hätten bereits im Jahre 2016 Kenntnis von dem Anspruch begründenden Umständen erlangt, trifft also nicht zu.

Veränderte Rechtslage im Jahr 2017

2017 gab es eine Kehrtwende bei den Gerichtentscheidungen: VW legte gegen drei erstinstanzliche Urteile keine Rechtmittel ein, zögerte also die Rechtskraft verbraucherfreundlicher Entscheidungen nicht mehr länger hinaus. Jetzt konnten unanfechtbare Entscheidungen formuliert und eine stabile Rechtsauffassung erarbeitet werden.

Beginn der Verjährung frühstens im Jahr 2017

Wegen der noch bis ins Jahr 2016 andauernden unsicheren Rechtslage und mangels einer hinreichend konkreten Beantwortung der einschlägigen Rechtsfragen müsste der Verjährungsbeginn also in das Jahr 2017 verschoben und die  Verjährung i. S. d. §§ 195, 199 I Abs. 2 BGB konsequenterweise mit Ablauf des Jahres 2020 angenommen werden.

Zudem setzt eine Kenntnis im Sinne des § 199 BGB eine hinreichende Kenntnis von der Selbstbetroffenheit voraus, in deren Folge der Inhaber einer Schadensersatzforderung gerichtlich vorgehen und diese geltend machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.1995 – VI ZR 246/94).

Die Annahme einer Kenntnis von der eigenen Betroffenheit kann im Fall des Abgasskandals aber nicht auf den Zeitpunkt festgesetzt werden, an dem die Mitglieder des Vorstandes der Volkswagen AG den Einsatz manipulierter Abschalteinrichtungen öffentlich eingeräumt haben. Weil die fortlaufende juristische Aufarbeitung im Jahre 2016 noch nicht endgültig abgeschlossen war, kann die Kenntnis der betroffenen Personen erst mit Erhalt eines Rückrufschreibens angenommen werden.

Aufgrund der Rechtsunkenntnis und fehlender konkreter Anhaltspunkte hinsichtlich der Selbstbetroffenheit muss der Verjährungsbeginn also auf das Jahr 2017 verschoben werden.

Was wir für Sie tun können:

1. Sie geben Ihr altes Auto zurück und erhalten ein neues

Im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrags muss VW Ihnen ein mangelfreies Fahrzeug liefern. Für gefahrene Kilometer kann ein Abzug angerechnet werden.

2. Sie erhalten Ihr Geld gegen Rückgabe des Altfahrzeugs zurück

Bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags erhält der Käufer den gezahlten Kaufpreis gegen Rückgabe des Altfahrzeugs zurück.

3. Sie bekommen Schadensersatz

Unter Umständen kann eine Einmalzahlung als Schadensersatz möglich sein. Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.rueden.de/abgasskandal/vw/

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