Zehntausende VW-Kunden wollen ihre manipulierten Diesel zurückgeben und den Kaufpreis erstattet bekommen. Deshalb streiten sie vor Zivilgerichten mit dem Autokonzern. Aber ab wann sind die Ansprüche der Dieselkäufer verjährt? Von den Klagen sind etwa 45.000 erst im Jahr 2019 erhoben worden. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied jetzt zugunsten des Autobauers: Die Ansprüche der Kläger seien inzwischen verjährt.
Zuletzt sah es gut aus für VW-Kunden: Immer mehr Prozesse gegen Volkswagen wurden gewonnen oder führten zu Vergleichen. Viele Zivilgerichte haben sich der Auffassung von Kunden angeschlossen, die sich vom Wolfsburger Autohersteller betrogen fühlen, weil sie einen VW-Diesel mit manipulierter Abgassoftware gekauft haben.
Doch diese rosigen Aussichten trüben sich ein, wenn sich andere Richter künftig der Ansicht des OLG München anschließen. Die etwa 45.000 Einzelklagen, die 2019 in Deutschland erhoben wurden, hätten dann kaum noch Aussicht auf Erfolg.
Täuschung war seit Herbst 2015 bekannt
Der 20. Senat des Oberlandesgerichts München vertritt die Auffassung, dass mögliche Ansprüche von Klägern, die ihre Klage in diesem Jahr eingereicht haben, seit Ende 2018 verjährt sind. Darüber berichtete die F.A.Z. und bezieht sich dabei auf einen Hinweisbeschluss vom 3. Dezember, der die Parteien auf den möglichen Ausgang des Rechtsstreits vorbereiten soll.
Auslöser des Rechtsstreits sei der Zeitpunkt des allgemeinen Bekanntwerdens des Dieselskandals, heißt es in dem Beschluss. Weil über die Volkswagen vorgeworfene Täuschung ab Herbst 2015 umfassend in sämtlichen Medien berichtet wurde, schließen die Richter aus, dass ein in Deutschland lebender Kunde des Konzerns davon nichts gewusst haben könnte. Aus diesem Grund sollen Ansprüche ab Ende 2018 verjährt sein. Der Senat schlägt deshalb vor, die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Landshut zurückzunehmen.
Damit schließt sich das OLG der Argumentation von VW an. Doch Verbraucherschützer rechnen anders: Sie gehen davon aus, dass eine Verjährung im Jahr 2015 nur dann beginnen kann, wenn betroffene Dieselfahrer über die Internetseite von VW oder durch ein offizielles Schreiben der zuständigen Behörden erfahren haben, dass ihre Modellreihe und ihr konkretes Fahrzeug manipuliert wurde.
Bundesgerichtshof entscheidet 2020
Die meisten Kundenanwälte sehen das ähnlich und haben den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist auf das Jahr 2016 festgelegt. Erst zu Beginn dieses Jahres habe sich VW umfassend an seine Kunden gewandt und auf das Problem hingewiesen. Nach dieser Argumentation wären Einzelklagen noch bis Ende 2019 möglich. Die Obergerichte entscheiden in dieser Frage aber unterschiedlich. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird für das Jahr 2020 erwartet.