Im Auftrag der EU-Kommission wurde vor einigen Jahren ein neues Messverfahren entwickelt: Worldwide harmonized Light Duty Test Procedure (WLTP). Das neue Messverfahren reformiert die Mess- und Prüfverfahren der Autohersteller. Es soll für realistischere Verbrauchsangaben sorgen und feststellen, ob ein Auto die Abgasgrenzwerte einhält. WLTP löst das seit 1992 gültige Verfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) ab. Neue Pkw werden nur noch zugelassen, wenn die Emissionen und der Verbrauch nach dem WLTP-Messverfahren ermittelt wurden.
Die Reform wurde bereits im September 2017 wirksam und ist seit dem 1. Januar 2021 für die Erstzulassung jedes Neuwagens verbindlich festgeschrieben. Weil das neue Messverfahren und der neue Prüfzyklus auf realen Fahrdaten aus 14 Ländern basieren, sind die Verbrauchsangaben präziser und näher an der Praxis.
Warum wurde das neue Messverfahren WLTP eingeführt?
Der Kraftstoffverbrauch eines Autos ist nicht konstant. Er hängt zum Beispiel vom Fahrstil, vom Wetter und von der Fahrstrecke ab. Außerdem spielt es eine Rolle, ob Winterreifen genutzt werden, wie beladen das Fahrzeug ist und ob die Klimaanlage läuft. Autokäufer wünschen sich trotzdem eine möglichst exakte Verbrauchsangabe. Sie soll unter objektiven und reproduzierbaren Messbedingungen entstanden sein, um Fahrzeuge verschiedener Hersteller miteinander vergleichen zu können. Auch WLTP kann nicht die gesamte Bandbreite der Fahrzeugnutzung abbilden. Trotzdem ist das neue Testverfahren transparenter und deutlich realitätsnäher als der bislang geltende Fahrzyklus.
Wie unterscheidet sich WLTP vom bisherigen NEFZ?
Beim WLTP werden auf dem Rollenprüfstand aus dem Kaltstart heraus vier Geschwindigkeitsbereiche gemessen: bis 60, bis 80, bis 100 und über 130 km/h. Innerhalb der einzelnen Phasen wird mehrfach beschleunigt und gebremst. Die Höchstgeschwindigkeit ist 10 km/h höher als beim NEFZ und auch die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt mit etwa 47 km/h im Vergleich zu vorher 33 km/h deutlich höher. Die Temperatur in der Prüfkammer beträgt 23° C – statt wie bisher 20 bis zu 30° C.
Der WLTP-Fahrzyklus dauert etwa 30 Minuten, während der NEFZ nur 20 Minuten vorsah. Die Streckenlänge hat sich mit 23 Kilometern mehr als verdoppelt. Individuelle Sonderausstattungen werden beim WLTP für Gewicht, Aerodynamik und Bordnetzbedarf berücksichtigt.
RDE-Tests für noch präzisere Schadstoffmessungen
Die gesetzliche Regelung RDE ergänzt und überprüft den WLTP. Bei zusätzlichen Straßenfahrten werden die Abgasreinigungssysteme der Fahrzeuge auch unter realen Umweltbedingungen geprüft. Bei diesen „Real Drive Emissions”-Tests – kurz: RDE-Tests – misst das Portable Emission Measuring System (PEMS) den Schadstoffausstoß und die entsprechenden Parameter des Fahrzeugs und der Umgebungsbedingungen. Durch diese ergänzenden Tests wird die Messung noch genauer und Betrügen fast unmöglich.
Eine RDE-Messung muss zwischen 90 und 120 Minuten dauern, wobei jeder Streckenanteil – Stadt-, Land- und Autobahn – aus mindestens 16 Kilometern besteht. Insgesamt sollen die Anteile etwa jeweils ein Drittel ergeben. Außerdem gibt es noch Kriterien zur Geschwindigkeit und Beschleunigung und es wird auf die Umweltbedingungen eingegangen. Die für die Typgenehmigung nach dem alten NEFZ-Verfahren geltenden Euro-6-Grenzwerte bleiben vorerst bestehen. Es ist noch offen, ob sie bei der geplanten Euro-7-Norm verschärft werden.
Wie beeinflusst der WLTP-Standard die Kfz-Steuer?
Im Rahmen der Umstellung von NEFZ auf WLTP wurde auch das Kfz-Steuergesetz angepasst. Ausschlaggebend für die Besteuerung ist seit September 2018 der CO₂-Wert nach WLTP. Die Verbrauchsangaben sind seitdem realistischer und damit höher, wodurch in der Regel auch die Verbrauchs- und CO₂-Werte für neu zugelassene Modelle steigen – und damit auch die Kfz-Steuer.
Auch für technisch identische, jedoch neu gemessene Pkw zahlen Autokäufer, die ihr Fahrzeug nach dem 1. September 2018 zugelassen haben, in Einzelfällen deutlich mehr Kfz-Steuer als der Vorbesitzer.
WLTP – weniger CO₂-Emissionen, mehr Klimaschutz
Realistischere Verbrauchsangaben sollen dazu beitragen, die internationalen Klimaziele zu erreichen und die Umwelt zu entlasten. Durch WLTP kann die Einhaltung internationaler Vorgaben für die CO₂-Grenzwerte nachvollziehbar überprüft werden. Laut dem TÜV-Verband wurden 2010 in der EU noch 4,72 Milliarden Tonnen CO₂-Emissionen ausgestoßen, davon 19 Prozent durch den Straßenverkehr.
Die EU will das Klimaziel für das Jahr 2030 von aktuell 40 auf mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 anheben. Die EU-internen Treibhausgasemissionen sollen demnach bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken. Dieses Ziel soll unter anderem mit Hilfe des WLTP umgesetzt werden.