Arbeitsrecht: Müssen Arbeitnehmer bei extremer Hitze arbeiten?

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Im Sommer werden immer öfter hohe Temperaturen erreicht und Arbeitnehmer kommen am Arbeitsplatz ins Schwitzen – ob im Unternehmen, im Homeoffice oder im Freien. Trotzdem gibt es selbst bei extremer Hitze kein Recht auf hitzefrei. Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber aber verpflichtet, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass Mitarbeiter keiner gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt sind. Das gilt auch für hohe Temperaturen oder UV-Strahlung. Worauf müssen Arbeitgeber bei Hitze achten?

Eine bestimmte Außentemperatur, die arbeitsrechtlich zu hitzefrei führt, gibt es nicht. Es gelten lediglich arbeitsplatzbezogene Werte und Fürsorgepflichten gegenüber den Mitarbeitern: Aufgrund des Arbeitsschutzrechts, der Arbeitsstättenverordnung und der Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber auf heiße Temperaturen reagieren – besonders gegenüber Schwangeren, älteren Mitarbeitern und bei Arbeit im Freien.

Ab welcher Temperatur müssen Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen?

Beim Einrichten eines Arbeitsplatzes müssen die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) beachtet werden: Vom Arbeitsplatz soll keine Gefährdung für Arbeitnehmer ausgehen – auch nicht durch Hitze. Die Verordnung formuliert allerdings nur allgemeine Schutzziele und gibt keine konkreten Maßnahmen vor.

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) fassen die Maßnahmen zum Arbeitsschutz zusammen. Darin heißt es: „Wird die Lufttemperatur im Raum von +35 °C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier), organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung), wie bei Hitzearbeit, nicht als Arbeitsraum geeignet.“

Bei Temperaturen von über 35 °C soll laut ASR nicht mehr gearbeitet werden. Das gilt nicht nur für Büros, sondern auch für Lagerräume, Werkstätten und Kantinen. Schwerbehinderte Mitarbeiter, chronisch Kranke und Schwangere müssen gegebenenfalls schon bei niedrigeren Temperaturen aufhören zu arbeiten, müssen aber ein ärztliches Attest vorlegen.

Wie können Arbeitgeber die Raumtemperatur senken?

Wenn sich das Büro oder die Werkstatt trotz Jalousien auf über 26 °C aufheizt, sollen laut AGR „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen werden. Übersteigt die Raumtemperatur sogar die 30-Grad-Marke, werden die Technischen Regeln konkret und nennt als Maßnahmen:

  • Jalousien geschlossen halten – auch nach der Arbeitszeit
  • Nachtauskühlung
  • elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben
  • in den frühen Morgenstunden lüften
  • Arbeitszeit verlagern (in die Morgen- und Abendstunden)
  • Bekleidungsregeln lockern
  • Wasser zur Verfügung stellen

Was genau ein Arbeitgeber gegen die Hitze unternimmt, kann er allerdings selbst entscheiden.

Welche Konsequenzen drohen Arbeitgebern bei Nichtbeachtung der Arbeitsstättenregeln?

ASR sind keine Gesetze. Kommt es jedoch zu einem Zwischenfall im Unternehmen, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass er seine Mitarbeiter so gut geschützt hat, wie es die ASR vorgeben, um auf der sicheren Seite zu sein. Wenn der Arbeitgeber nachweislich die Gesundheit seiner Mitarbeiter wiederholt oder vorsätzlich gefährdet hat, droht ihm eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (§26 ArbSchG).

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber erst verpflichtet, tätig zu werden, wenn die Lufttemperatur im Raum 30 °C übersteigt. Dann muss er wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren. Steigt die Temperatur auf über 35 °C, ist der Raum nicht mehr Arbeitsraum als geeignet.

Was gilt für den Hitzeschutz im Homeoffice?

Während viele Unternehmer im Betrieb auf den Arbeitsschutz achten, wissen sie oft nicht, wie sie den Arbeitsschutz beim Mitarbeiter zu Hause gewährleisten können – und ob sie ihn überhaupt kontrollieren dürfen. Das Homeoffice wird in der Arbeitsstättenverordnung nicht erwähnt – es ist nur von „Telearbeitsplätzen“ die Rede. Beim Telearbeitsplatz haben Arbeitgeber und Mitarbeiter eine formale Vereinbarung über die Arbeit von zu Hause geschlossen haben und der Arbeitsplatz wurde vom Arbeitgeber eingerichtet und ausgestattet (§ 2 Absatz 7 ArbStättV).

In dem Fall gelten dieselben Regeln wie für einen Arbeitsplatz im Betrieb. Der Arbeitgeber müsste also theoretisch prüfen, ob der Hitzeschutz am Arbeitsplatz sichergestellt ist. Wurde der Mitarbeiter wie in der Corona-Krise nur vorläufig ins Homeoffice geschickt, gilt der Laptop am Küchentisch aber nicht als Telearbeitsplatz im Sinne des Gesetzes – und die Arbeitsstättenverordnung und ASR gelten nicht. In dem Fall handelt es sich um einen mobilen Arbeitsplatz, an dem der Arbeitnehmer die Temperatur selbst so regulieren muss, dass er dort arbeiten kann.

Haben Arbeitnehmer ein Recht auf hitzefrei?

Auch bei hochsommerlichen Temperaturen gibt es für Arbeitnehmer keinen Anspruch auf hitzefrei, selbst wenn die Raumtemperatur auf über 35 °C steigt. Allerdings arbeiten schwitzende Mitarbeiter wohl kaum hoch konzentriert und die Produktivität dürfte leiden. Deshalb lassen viele Arbeitnehmer ihre Angestellten bei großer Hitze früher Feierabend machen. Eine andere Möglichkeit ist, die Arbeitszeit in die frühen Morgenstunden oder die Abendstunden zu verlegen.

Um die Hitze aus dem Büro auszusperren, sollte man früh morgens lüften und die Jalousien tagsüber schließen. Kaltes Wasser, das man über die Innenseite der Handgelenke laufen lässt, bringt etwas Abkühlung. Der Kältereiz verengt die Gefäße und der Kreislauf wird gestärkt. Außerdem hilft luftige Kleidung aus Naturfasern, leichtes Essen und reichliches Trinken.