Arbeitsrecht und Corona: Urlaub verschieben, Überstunden abbauen?

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Nachdem die Corona-Pandemie den meisten bereits den Osterurlaub verhagelt hat, sind auch die Pfingstferien und der Sommerurlaub zurzeit kaum planbar. Viele Arbeitnehmer würden deshalb bereits genehmigte Urlaubstage gern um ein paar Wochen oder Monate verschieben. Aber geht das so einfach? Und wie sieht es bei der schwankenden Auftragslage mit „Zwangsurlaub“ oder Mehrarbeit aus? Dürfen Arbeitgeber das Arbeitspensum ihrer Mitarbeiter bei Bedarf einseitig senken oder erhöhen?

Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich

Bis Pfingsten sind es noch vier Wochen, aber niemand weiß, ob Hotels und Gaststätten dann geöffnet haben und ob man bis dahin wieder ins Ausland reisen darf. Angesichts dieser Beschränkungen wäre es vielleicht besser, seinen Urlaub erst im Spätsommer oder Herbst zu nehmen. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, bereits genehmigte Urlaubstage wieder zurückzunehmen.

Arbeitgeber können entscheiden, ob sie ihren Mitarbeitern entgegenkommen. Für die Betriebe ist es ein Problem, wenn zu viele Arbeitnehmer ihren Urlaub verschieben und dann im Spätsommer oder Herbst kaum Arbeitskräfte verfügbar sind. Das Bundesurlaubsgesetz schreibt lediglich vor, dass die Urlaubstage der Erholung dienen sollen – und Erholung ist auch zu Hause möglich. Einen bereits bewilligten Urlaub kann man daher nur stornieren, wenn man krank ist und ein ärztliches Attest hat. Wer sich mit Corona infiziert hat, kann sich natürlich darauf berufen.

Die gegenwärtige Pandemie-Situation und das Infektionsschutzgesetz sind im Gesetzestext zu den Urlaubsregelungen nicht vorgesehen. Weil Ausgangsbeschränkungen die Erholung beeinträchtigen könnten, sollte man mit seinem Arbeitgeber reden. Viele Arbeitgeber dürften aber zurzeit das Problem haben, dass es eher weniger Arbeit gibt, weil weniger produziert wird. Dürfen sie deshalb jetzt womöglich sogar Urlaub oder Minusstunden anordnen?

Muss ich bei schlechter Auftragslage Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen?

Der Arbeitgeber muss die Wünsche seiner Mitarbeiter berücksichtigen und darf nicht einfach einseitig Urlaub anordnen, weil gerade nicht produziert werden kann. Ausnahmen gelten allerdings für Betriebsferien, die mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Gibt es keinen Betriebsrat, ist zwar eine einseitige Anordnung möglich, sie muss aber mit ausreichend Vorlauf angekündigt werden.

Außerdem sollten bei der Entscheidung die Interessen beider Parteien und das in vergleichbaren Fällen Übliche berücksichtigt werden. Es muss zum Beispiel noch genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleiben. Von heute auf morgen einseitig Urlaub anzuordnen ist also grundsätzlich nicht zulässig. Auch Minusstunden dürfen nicht einseitig vom Arbeitgeber beschlossen werden. Denkbar sind allerdings arbeitsvertragliche Regelungen wie Arbeitszeitkonten zur Überbrückung von Auftragsschwankungen.

In der momentanen Situation sollten alle Beteiligten nach einvernehmlichen Lösungen suchen. Um auftragsschwache Zeiten zu überbrücken, kann auch ein einvernehmlich vereinbarter Abbau von Überstunden eine Lösung sein.

Muss ich mehr arbeiten, um kranke Kollegen zu ersetzen?

Arbeitnehmer sind nur zu der in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeit verpflichtet. Überstunden können angeordnet werden, wenn das im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder der im Betrieb geltenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt ist.

Nur im Notfall darf der Arbeitgeber zur Abwendung von Schäden im Betrieb einseitig Mehrarbeit einfordern – etwa im Katastrophenfall. In Betrieben mit Betriebsrat ist zur Anordnung von Überstunden dessen Zustimmung erforderlich. Die Überstunden müssen in der Regel zusätzlich vergütet oder mit einem Freizeitausgleich kompensiert werden. Werden Überstunden angeordnet, müssen grundsätzlich die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes (in der Regel zehn Stunden am Tag) und die Ruhezeiten (in der Regel elf Stunden täglich) eingehalten werden.

Allerdings ermöglich § 14 ArbZG in Notfällen und außergewöhnlichen Fällen vorübergehend Abweichungen von diesen Grenzen – zum Beispiel bei Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen und Tieren oder wenn Lebensmittel verderben könnten. In der gegenwärtigen Corona-Krise kann das in den Gesundheitseinrichtungen oder in der Lebensmittelproduktion der Fall sein. Solche Ausnahmen müssen aber zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten auf das Nötigste begrenzt werden.