Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung oft fehlerhaft

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Wenn es im Unternehmen nicht gut läuft, weil zum Beispiel Aufträge ausbleiben, kündigen viele Unternehmen Mitarbeitern betriebsbedingt. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber die Sozialauswahl beachten. Häufig kommt es dabei zu Fehlern, sodass die Kündigung unwirksam sein könnte. Worum geht es bei der Sozialauswahl, wie wird sie durchgeführt und welche Mitarbeiter werden zuerst entlassen?

Bei einer betriebsbedingten Kündigung kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis, weil er den Arbeitnehmer wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nicht weiterbeschäftigen kann. Im Gegensatz zur verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung liegt die Ursache des Kündigungsgrunds also beim Arbeitgeber. In dem Fall muss bei der Kündigung die Sozialauswahl beachtet werden.

Betriebsbedingte Kündigung: Die Sozialauswahl muss stimmen

Wenn bei betriebsbedingten Kündigungen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift, ist eine Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das bedeutet: Arbeitgeber, die Personal abbauen wollen, müssen eine Auswahl unter Mitarbeitern treffen, die sozialen Gesichtspunkten entspricht. Diese Auswahl nennt sich Sozialauswahl. Bei der Sozialauswahl geht es nicht um die Frage, ob gekündigt werden darf, sondern wer gekündigt werden kann.

Die Sozialauswahl muss zwischen Arbeitnehmern durchgeführt werden, die „vergleichbar“ sind. Das bedeutet, dass sie sich auf einer Hierarchieebene befinden oder im selben Bereich arbeiten. Viele Arbeitgeber können die „vergleichbaren“ Arbeitnehmer im Betrieb nicht benennen, unter denen die Sozialauswahl stattfinden soll. Werden einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen nicht in die Sozialauswahl mit einbezogen, die der Arbeitgeber für eine korrekte Sozialauswahl hätte einbeziehen müssen, scheitert eine Kündigung schon an diesem Kriterium.

Welche Kriterien müssen bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden?

Bei der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber folgende Kriterien berücksichtigen:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Familienstatus und Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung
  • Sonderwissen

Für die Sozialauswahl wird zunächst der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer ermittelt. Dann erfolgt die Auswahl nach diesen Kriterien. Zuletzt wird noch geprüft, ob einzelne Arbeitnehmer aus der Auswahl herausgenommen werden dürfen, weil ihre weitere Beschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.

Der Arbeitgeber bildet aus diesen Kriterien eine Liste, auf der die schutzwürdigsten und die am wenigsten schutzwürdigen Arbeitnehmer aufgeführt sind. Der am wenigsten schutzbedürftige Arbeitnehmer muss die betriebsbedingte Kündigung erhalten. Bei betriebsbedingten Kündigungen werden Mitarbeiter, die erst kurz im Unternehmen arbeiten, relativ jung sind, keine unterhaltspflichtigen Kinder haben und nicht schwerbehindert sind, in der Regel als erste gekündigt.

Wer darf von der Sozialauswahl ausgenommen werden?

Arbeitnehmer können aus der Sozialauswahl herausgenommen werden, wenn wegen ihrer Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Unternehmens ein berechtigtes betriebliches Interesse besteht, sie weiter zu beschäftigen. Die Weiterbeschäftigung kann zum Berispiel erforderlich sein, wenn ein Arbeitnehmer als Einziger eine bestimmte Maschine bedienen kann oder wenn er besonders wertvolle Kundenkontakte hat. Das gilt aber nur, wenn ein sozial deutlich schutzbedürftigerer Kollege diese Arbeit nicht innerhalb zumutbarer Zeit erlernen kann.

Bestimmte Arbeitnehmer können auch zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur von der Sozialauswahl ausgenommen werden, damit sich zum Beispiel die Altersstruktur nach einer Kündigungswelle nicht ändert.

Welche Konsequenzen hat eine fehlerhafte Sozialauswahl?

Fehler in der Sozialauswahl machen die Kündigung unwirksam. Während früher alle Kündigungen unwirksam wurden, wenn ein Fehler vorlag, führt ein Fehler in der Sozialauswahl mittlerweile nur zur Unwirksamkeit der Kündigung desjenigen Arbeitnehmers, dem nicht hätte gekündigt werden dürfen.

Wenn es sich um eine „vorgeschobene“ betriebsbedingte Kündigung handelt, weil der Arbeitgeber einen bestimmten Mitarbeiter loswerden will, werden die Sozialpunkte oft nur konstruiert und so gewichtet, dass der betreffende Mitarbeiter am schlechtesten dasteht. In solchen Fällen ist die Sozialauswahl fast immer fehlerhaft und bietet Angriffsflächen für eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage.

Kündigung erhalten? Lassen Sie sich beraten!

Wer eine betriebsbedingte Kündigung erhalten hat, sollte sich schnellstmöglich an einen auf Kündigungsschutz spezialisierten Anwalt wenden, um die Chancen einer Kündigungsschutzklage zu besprechen. Nach einer Kündigung gilt für die Kündigungsschutzklage eine Dreiwochenfrist. Wer diese Frist nicht einhält, verspielt in der Regel die Chance, seinen Job zu retten oder eine angemessene Abfindung zu bekommen – auch wenn die betriebsbedingte Kündigung wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl eigentlich unwirksam wäre.

Haben Sie eine Kündigung erhalten oder Fragen zu Ihrer Abfindung oder zu Ihrem Aufhebungsvertrag? Rufen Sie uns an: In einer kostenlosen und unverbindlichen Ersteinschätzung beantworten unsere Experten für Arbeitsrecht Ihre Fragen zum Kündigungsschutz oder zur Abfindung.