Neben der Konstellation, dass der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag vorzeitig kündigt und das Darlehen früher zurückzahlt, gibt es auch die Konstellation, dass der Kreditvertrag beispielsweise aufgrund von Zahlungsrückständen vorzeitig seitens des Darlehensgebers gekündigt wird. In solch einem Fall entsteht dem Darlehensgeber rein rechnerisch der gleiche Schaden wie bei einer Kündigung durch den Kreditnehmer. Dieser Schaden wird als Erfüllungsschaden bezeichnet. Juristisch wird der Erfüllungsschaden als der Schaden definiert, der dadurch eintritt, dass der Schuldner nicht oder nicht wie geschuldet erfüllt. Sowohl bei der frühzeitigen Kündigung durch den Kreditnehmer als auch durch den Kreditgeber kann nicht mehr wie geschuldet geleistet werden.
Der Erfüllungsschaden ist deshalb eine Form der Vorfälligkeitsentschädigung. Die Darlehenskündigung durch die Bank wird von dieser daher ebenso behandelt, als hätte der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag frühzeitig vollständig bezahlt. Der Darlehensnehmer hat nun nicht nur den Darlehensbetrag vorzeitig in voller Summe zurückzuzahlen – vielmehr soll zusätzlich die zum Zeitpunkt der Darlehenskündigung durch den Darlehensgeber erstellte Rechnung zur Vorfälligkeitsentschädigung durch den Darlehensnehmer übernommen werden.
Kein Erfüllungsschaden bei Verbraucherkrediten
Im Anerkenntnisurteil des BGH (BGH, Urteil v. 17.1.2013, XI ZR 512/11) hat dieser den Banken einen Anspruch in Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung jedoch verwehrt, wenn seitens der Bank ein Verbraucherkreditvertrag gekündigt wurde.
Die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung infolge einer seitens der Bank veranlassten Kündigung entspricht nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen zu den Verbraucherkrediten. Gemäß § 497 Abs. 1 BGB hat der Kunde im Falle der Kündigung eines Kredites lediglich einen Verzugszins in Höhe von 2,5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen. Die Zinserwartung der Bank nach Kündigung ist durch die Verzugszinsen gedeckelt. Für eine zusätzliche Vorfälligkeitsentschädigung ist daher kein Platz. Banken dürfen aus der Notlage eines Kunden kein Kapital schlagen, indem sie den am entgangenen Vertragszins orientierten Erfüllungsschaden fordern.
Ersatzpflicht nur bei gesondertem Nachweis
Der BGH wies allerdings darauf hin, dass die Banken die Möglichkeit haben, einen tatsächlich entstandenen Schaden, zum Beispiel durch erhöhte Refinanzierungskosten, nachzuweisen. Soweit ein solcher Schaden nachweisbar sei, könne die Bank diesen ersetzt verlangen. Ansonsten sei ihr ein über den Verzugszins hinausgehender Schadensersatz verwehrt.
Anwaltliche Überprüfung
Bei der Kündigung eines Darlehens seitens der Bank sollte ein genauer Blick in die Abrechnung geworfen werden. Mehr als 2,5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz dürfen nicht verlangt werden. Für die Berechnung sonstiger Schadensbeträge ist kein Raum, soweit ein Schaden nicht nachweisbar ist. Betroffene Kreditnehmer sollten daher stets anwaltlich prüfen lassen, ob nach einer Darlehenskündigung durch die Bank überhöhte Forderungen geltend gemacht werden.