Extragebühren für private Kredite: Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem aktuellen Grundsatzurteil erklärt, dass vorformulierte Vertragsklauseln über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind.
„Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen der Annahme, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien unwirksam, ebenso wenig entgegen wie das Unionsrecht einem AGB-rechtlichen Verbot formularmäßig erhobener Bearbeitungsentgelte Grenzen setzt,“ erklärten die Karlsruher Richter.
Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für Banken und Verbraucher.
Wogegen wurde geklagt?
Die Richter prüften zwei Klagen gegen die Postbank und die National Bank. Konkret ging es um vorgefertigte Vertragsklauseln, nach denen Verbraucher für ihren Kredit nicht nur Zinsen zahlen müssen, sondern auch ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt.
In einem der Fälle (XI ZR 170/13) hatte der BGH zu entscheiden, ob ein Online-Verbraucherkredit über 40.000 Euro eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1.200 Euro rechtfertigt, den die Postbank dem Kreditnehmer berechnete. Auf die Extragebühr von 3 Prozent auf den Nettokreditbetrag hatte die Postbank auf ihrer Internetseite hingewiesen. Der Kreditnehmer klagte gegen die Bearbeitungsgebühr, die er als ungerechtfertigte Bereicherung durch die Bank erachtete. Nach Ansicht des Kunden war die Bearbeitungsgebühr unzulässig, weil die Vergabe von Krediten und der dazu notwendige Bearbeitungsaufwand keine besondere Leistung für die Kunden darstelle, sondern im Eigeninteresse des Kreditinstituts liege. Insofern sei das Entgelt eine „unangemessene Benachteiligung“, die gesetzlich untersagt ist – und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die Bank ausdrücklich auf die Gebühr hingewiesen hatte.
Die vorinstanzlichen Gerichte gaben dem Kläger im Wesentlichen recht. So ordnete das Amtsgericht Bonn im Oktober 2012 wie auch das Landgericht Bonn im April 2013 an, die Postbank hätte die 1.200 Euro Extragebühren dem Kunden zu erstatten. Die Vertragsklausel zum Bearbeitungsentgelt sei „ohne Rechtsgrund“ und somit unwirksam. Das Bearbeitungsentgelt habe keinen zinsähnlichen Charakter, sondern „bepreise“ Leistungen, die von der Bank ohnehin zu erbringen seien. Ein gesondertes Entgelt für den im eigenen Interesse und in Erfüllung gesetzlicher Pflichten anfallenden Bearbeitungsaufwand könne nicht verlangt werden. Gegen dieses Urteil legte die Postbank Revision vor dem BGH ein.
Auch im parallel zu entscheidenden Fall (XI ZR 405/12) war die Klage in beiden Vorinstanzen erfolgreich und das Kreditinstitut – die National Bank – begehrte Klärung vor dem BGH. Der klagende Verbraucherschutzverein hatte gegenüber der National Bank im Wege der Unterlassungsklage die Unwirksamkeit der im Preisaushang für Privatkredite enthaltenen Klausel über ein „Bearbeitungsentgelt einmalig 1 %“ geltend gemacht.
Auch nach dem Grundsatzurteil bleiben Fragen offen
Wann die Erstattungsforderungen betroffener Kreditnehmer verjähren, hat der BGH jedoch nicht abschließend geklärt. Allerdings gibt es eine dreijährige Verjährungsfrist. Für Darlehensverträge, die nach dem 1. Januar 2011 abgeschlossen wurden, können noch 2014 die Gebühren zurück verlangt werden. Möglicherweise aber auch für länger zurückliegende: Vielleicht setzt die Verjährungsfrist erst mit den ersten Entscheidungen von Oberlandesgerichten in ähnlich gelagerten Fällen ein, die auf das Jahr 2011 datieren. Damit wären rückwirkend Darlehensverträge bis 2008 angreifbar. Doch selbst hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, erklärte der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Was bedeutet das Urteil für die Banken?
Die Banken werden sich wohl mit tausenden von Rückforderungen auseinandersetzen müssen. Allein beim BGH sind etwa 100 weitere Verfahren anhängig. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters liegen bei den Ombudsmännern der Banken zudem etwa 3000 Rückforderungen. Weitere tausende Verfahren sollen bei Verbraucheranwälten liegen, allein 500 Verfahren werden durch die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN bearbeitet. Rechtsanwalt Johannes von Rüden hofft, dass die Banken die Forderungen jetzt auch außergerichtlich anerkennen werden und viele Gerichtsprozesse damit schnell zu einem Ende kommen.