Am 6. August 2025 hat das Bundeskabinett einen neuen Entwurf für das Bundestariftreuegesetz (BTTG-E) verabschiedet. Dieses Gesetz soll die Einhaltung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen bei der Vergabe öffentlicher Bundesaufträge sicherstellen und die Tariftreue sowie Tarifautonomie stärken. Für Unternehmen, die an Vergabeverfahren teilnehmen möchten, ergeben sich daraus weitreichende rechtliche und organisatorische Änderungen. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und ihre praktischen Auswirkungen.
- Erweiterte Anforderungen an die Tariftreue und Informationspflichten
Kernstück des neuen Gesetzesentwurfs ist das sogenannte Tariftreueversprechen. Unternehmen, die an Bundesvergabeverfahren teilnehmen, verpflichten sich, ihren Beschäftigten mindestens jene Arbeitsbedingungen zu gewähren, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) per Rechtsverordnung festlegt. Diese Vorgaben gelten für die gesamte Laufzeit des öffentlichen Auftrags und müssen auch bei Nachunternehmern und Leiharbeitnehmern eingehalten werden.
Eine Besonderheit im neuen Entwurf ist die Abgrenzung der Zulieferer, die nicht mehr automatisch als Nachunternehmer gelten, sofern sie keine eigenen Verpflichtungen für die Leistungserbringung übernehmen. Außerdem erhalten Arbeitnehmer einen eigenen, durchsetzbaren Anspruch auf die vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen gegenüber dem Arbeitgeber. Ausschlussfristen und Verzicht auf Ansprüche sind künftig stark eingeschränkt und nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Unternehmen müssen betroffene Mitarbeiter über deren Rechte informieren, hierzu stellt der Bund Musterformulare bereit, deren Übergabe nachzuweisen ist.
- Prüfmechanismen und Haftungsfragen
Die Kontrolle der Einhaltung erfolgt künftig zentral durch eine Prüfstelle Bundestariftreue bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, die bei begründetem Verdacht prüft und gegebenenfalls einen Verwaltungsakt erlässt. Verstöße gegen das BTTG-E können eine Vertragsstrafe von bis zu 1 % des Auftragswerts pro Fall und maximal 10 % bei mehrfachen Verstößen nach sich ziehen. Die Vertragsstrafe wird nur dann fällig, wenn ein Verstoß durch Verwaltungsakt festgestellt wird und nicht bereits bei schuldhafter Pflichtverletzung.
Unternehmen haften weiterhin grundsätzlich für die Einhaltung der Tarifbedingungen durch ihre Nachunternehmer und Verleiher. Die Möglichkeit zur Haftungsbefreiung durch Zertifizierung eines Nachunternehmers greift aber nur, solange kein Insolvenzverfahren gegen diesen eröffnet ist. Dokumentations- und Vorlagepflichten bestehen weiterhin, jedoch treffen sie jetzt ausschließlich die Auftragnehmer. Wer gegen das Bundestariftreuegesetz verstößt, kann künftig von weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Bußgeldvorschriften gibt es im BTTG-E selbst keine, sie können sich aber aus anderen Gesetzen ergeben.
- Auswirkungen und praktische Empfehlung für Unternehmen
Die mit dem Gesetz angestrebten fairen Arbeitsbedingungen bringen zusätzliche Anforderungen und Bürokratie mit sich, besonders für kleine und mittlere Betriebe. Eine ursprünglich geplante Privilegierung für Start-ups wurde gestrichen, die Auftragswertgrenze liegt für alle Unternehmen unverändert bei 50.000 Euro ohne Umsatzsteuer.
Die Kritik von Wirtschaftsverbänden ist deutlich: Neben Bedenken zur Tarifautonomie wird vor allem die Bürokratie betont sowie die Gefahr, dass die Anzahl der Bewerber bei Ausschreibungen sinken könnte.
Unternehmen, die künftig an Bundesvergabeverfahren teilnehmen möchten, sollten die für ihre Branche relevanten Tarifverträge identifizieren und prüfen, ob Anpassungen der eigenen Arbeitsbedingungen notwendig sind. Compliance-Strukturen – insbesondere im Hinblick auf die Nachunternehmerhaftung und Informationspflichten – müssen rechtzeitig aktualisiert werden, um Rechtssicherheit und Erfolg bei öffentlichen Ausschreibungen zu gewährleisten.
Was bedeutet das für Sie?
Mit dem Bundestariftreuegesetz wird die Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen zur Voraussetzung für die Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes. Unternehmen sind angehalten, die neuen Vorgaben frühzeitig zu analysieren und alle relevanten Prozesse auf die aktualisierten rechtlichen Anforderungen umzustellen. Eine Missachtung kann Vertragsstrafen, den Ausschluss von weiteren Vergabeverfahren sowie haftungs- und compliance-relevante Konsequenzen nach sich ziehen. Wer die neuen Vorgaben rechtzeitig umsetzt, sichert sich die Teilnahme an öffentlichen Projekten und gestaltet seine Arbeitsbedingungen sowie Strukturen zukunftssicher und rechtskonform.
Für Fragen zur Umsetzung oder Unterstützung bei der Anpassung Ihrer Arbeitsbedingungen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.