Berliner Mietendeckel: Vermieter müssen aktiv werden

Veröffentlicht am in Immobilien- und Mietrecht

Berlins größter Wohnungsverband BBU rät Haus- und Wohnungseigentümern zur Gesetzestreue. Sie sollten die Mieten rechtzeitig zur Einführung des Mietendeckels unaufgefordert senken und ihre Mieter über die Neuberechnung informieren. Der BBU empfiehlt dieses Vorgehen aufgrund der jüngsten Änderung des Deckels zu einem „Verbotsgesetz“. Die angedrohten Bußgelder in Höhe von 500.000 Euro seien bei Vergehen sofort zu zahlen – selbst wenn Widerspruch eingelegt wird.

Die Nachfrage nach Wohnraum in der Hauptstadt ist riesig und die Mieten sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Laut der Onlineplattform Immowelt haben sich die Angebotsmieten innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das Gesetz betrifft etwa 1,5 Millionen Mietwohnungen, die vor 2014 gebaut worden sind, Neubauten sind davon ausgenommen.

Große Entlastungen der Mieter

Wenn das Gesetz zum Berliner Mietendeckel in wenigen Wochen in Kraft tritt, können sich Mieter auf Entlastungen von mehreren 100 Millionen Euro freuen. Und die meisten Mieter werden nach dieser Empfehlung des BBU vermutlich nichts unternehmen müssen. Die wenigsten Vermieter dürften die Warnungen des Wohnungsverbands ignorieren.

Das neue Gesetz wird nämlich ein hartes Verbotsgesetz. Der gesamte Mietwohnungsmarkt in Berlin wird für fünf Jahre quasi eingefroren. Wer sich als Vermieter nicht daran hält, riskiert ein Bußgeld von bis zu einer halben Million Euro. Mit dem Mietendeckel beschließt die Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus eine historisch beispiellose Verschärfung des Mietrechts.

BBU-Anwälte raten Vermietern, von sich aus zu handeln

Die Anwälte des BBU raten ihren Mitgliedern davon ab, sich auf einen Erfolg der angekündigten Klagen gegen das Berliner Gesetzesexperiment zu verlassen. Sie sollen besser von sich aus die Mieten senken. Vom BBU heißt es dazu: „Die Vermieter müssen von sich aus tätig werden“ und den umfangreichen, strafbewehrten Pflichten aus dem Gesetz nachkommen.

Wer sich auf voreilige Berichte verlasse, wonach Hauseigentümer die Klagen von Mietern abwarten könnten, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Und wer eine Klage riskiert, dürfte vor Gericht schlecht dastehen: Das Gesetz macht nämlich eindeutige Preisvorgaben, ohne jeden Interpretationsspielraum.

Auf Vermieter kommt Arbeit zu

Für Hauseigentümer bedeutet das: Sie müssen ihre Mieter spätestens zwei Monate nach In-Kraft-Treten des Gesetzes – also voraussichtlich Mitte Februar – detailliert über die Berechnung ihrer bisherigen Miete und die künftige Miete informieren.

Direkt nach der Veröffentlichung des Gesetzes gilt zunächst ein Mietpreisstopp. Stichtag dafür war der 18. Juni 2019. Vermieter dürfen ab dann keine Miete mehr verlangen, die über dem damaligen Wert liegt. Diese Deckelung gilt mindestens bis Januar 2022.

Neun Monate nach Veröffentlichung des Gesetzes muss in einem zweiten Schreiben die neue staatliche Miete mitgeteilt werden und wie sie sich zusammensetzt. Die Anwälte des BBUs raten dringend zu einer förmlichen Zustellung, damit sie im Streitfall nachgewiesen werden kann.

Senat gibt Mietentabelle vor

Für die Berechnung der gedeckelten Miete hat der Senat eine Mietentabelle festgelegt, deren Preise sich nach Baualtersklasse und Ausstattung der Wohnung richten. Für einen bis 1918 entstandenen Altbau mit Sammelheizung und Bad dürfen demnach höchstens 6,45 Euro Netto-Kalt-Miete pro Quadratmeter verlangt werden.

Dazu kommen Zuschläge für eine „moderne Ausstattung“ mit einer Einbauküche und hochwertigem Bodenbelag und Lagezuschläge. Alle Aufpreise eingerechnet, wird der Höchstpreis einer Nettokaltmiete in Berlin für fünf Jahre bei 11,54 Euro liegen. Er darf für Häuser aus den Baujahren 2003 bis 2013 angesetzt werden.

Überhöhte Mieten besser nicht annehmen

Der BBU warnt davor, überhöhte Mieten anzunehmen. Zwar könnten Mieter auch freiwillig höhere Mieten zahlen, doch schon mit der Entgegennahme dieser höheren Miete machen sich Vermieter strafbar. Wenn sie dabei erwischt werden, können sie vom Bezirk, vom Senat oder von nachgeordneten Ämtern ohne Verzug zur Kasse gebeten werden.

Vermieter müssen die Miete allerdings nur dann absenken, wenn ihre aktuell verlangte Miete mehr als 20 Prozent über den Tabellenwerten liegt. Das Gesetz bringt also vor allem Mietern mit teuren Wohnungen deutliche Einsparungen.

Wenn ein Vermieter durch den Mietendeckel in wirtschaftliche Not geraten könnte, darf er eine höhere Miete verlangen – in dem Fall greift eine Härtefallregelung. Das muss allerdings der Investitionsbank Berlin gemeldet werden.

Wohnungswirtschaft schiebt Investitionen auf

Die Wohnungswirtschaft hat bereits auf den Mietendeckel reagiert. Kommunale Wohnungsunternehmen haben einige Neubauvorhaben zurückgestellt und private Vermieter schieben angeblich Modernisierungsvorhaben auf. Nicht zuletzt deshalb ist der Mietendeckel umstritten. Die deutsche Wohnungswirtschaft will gegen den Mietendeckel und die Enteignungspläne kämpfen und die CDU plant eine Verfassungsklage. Aber wird in Berlin künftig wirklich weniger investiert?

Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, entkräftet die Befürchtungen der Investoren. Gegenüber der WELT betont sie: „Wir haben von Anfang an klar kommuniziert, dass der Neubau vom Mietendeckel ausgenommen ist und das auch bleibt.“ Die kommenden fünf Jahre sollten intensiv genutzt werden, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt durch die Schaffung von Neubau zu entspannen.

Auch energetische Sanierungen seien weiterhin erlaubt, wenn sich dadurch die Miete nicht um mehr als einen Euro pro Quadratmeter erhöht. Für darüber hinausgehende Kosten sind Förderprogramme geplant.