BGH: Mietvertragliche Auswirkungen von Personenwechsel in der Ehewohnung

Veröffentlicht am in Immobilien- und Mietrecht

Der BGH hat mit Urteil vom 12.06.2013 (Az.: XII ZR 143/11) entschieden, dass ein Ehegatte, der nicht Partei des Mietvertrags wird, nicht Dritter i.S. der §§ 540, 553 BGB ist, solange es sich bei der von ihm bewohnten Wohnung um eine Ehewohnung handelt. Eine Wohnung verliert ihre Eigenschaft als Ehewohnung nicht schon dadurch, dass der (mietende) Ehegatte die Wohnung dem anderen – gegebenenfalls auch für einen längeren Zeitraum – belassen hat bzw. diese nur noch sporadisch nutzt, sondern erst mit der endgültigen Nutzungsüberlassung.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

1999 mieteten die Beklagten zu 1 und 2 eine Wohnung. Nachdem der Beklagte zu 1 aus der Wohnung ausgezogen war, zog der Beklagte zu 3 dort ein. Er wurde nicht als Mieter in das Mietverhältnis aufgenommen. 2001 heirateten die Beklagten zu 2. und 3. 2006 zog die Beklagte zu 2. aus der Wohnung aus und beantragte die Scheidung. Nachdem die Klägerin als neue Vermieterin die Beklagten zu 1. und zu 2. im März 2010 wegen unerlaubter Untervermietung abgemahnt hatte, teilte der Beklagte zu 3. unter Beifügung der Heiratsurkunde mit, dass er mit der Beklagten zu 2 verheiratet sei und den Mietvertrag übernehmen wolle. Dies lehnte die Klägerin ab. Sie kündigte das Mietverhältnis im Mai 2010 wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an einen Dritten.

Nachdem die Beklagten zu 2. und 3. im Scheidungstermin vom 27.5.2010, in dem das Scheidungsurteil rechtskräftig geworden ist, eine Alleinnutzung der Wohnung durch den Beklagten zu 3. vereinbart und dies der Klägerin mitgeteilt hatten, hat diese am 3.6.2010 gegen die Beklagten unter anderem Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung eingereicht und erneut die Kündigung ausgesprochen.

Seitens der Beklagten zu 2., die neben dem Beklagten zu 1. ursprünglich Mieterin der Wohnung war, fehlt es an einer vertragswidrigen Überlassung der Wohnung an einen Dritten i.S. von §§ 540, 553 BGB und damit an einem Kündigungsgrund nach §§ 569, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Dritter i.S. des § 540 BGB ist grundsätzlich jede Person, die nicht Partei des Mietvertrags ist. Hiervon ausgenommen ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Artikel 6 GG) stehenden persönlichen Beziehungen. (BGH NJW 2004, Seite 56). Kein Dritter i.S. des § 540 BGB ist namentlich der Ehegatte des Mieters (vgl. Blank, in: Schmidt-Futterer, MietR, 11. Aufl., § 540 Rn 24). Das gilt grundsätzlich auch, wenn der Ehegatte, der allein Mietvertragspartei ist, anlässlich der Trennung der Ehegatten aus der Wohnung auszieht und sie dem anderen Ehegatten, der nicht Mietvertragspartei ist, (zunächst) allein überlässt. Maßgeblich ist insoweit allein die Frage, ob es sich nach wie vor um eine Ehewohnung handelt.

Die Qualifizierung als Ehewohnung hängt nicht davon ab, dass noch beide Ehegatten in der Wohnung leben bzw. der in der Wohnung verbliebene Ehegatte auch Mietvertragspartei ist. Die Wohnung verliert ihre Eigenschaft als Ehewohnung deshalb nicht schon dadurch, dass der (mietende) Ehegatte die Wohnung dem anderen – gegebenenfalls auch für einen längeren Zeitraum – überlassen hat bzw. diese nur noch sporadisch nutzt. Erst wenn der Ehegatte, der die Wohnung verlassen hat, diese endgültig aufgibt, verliert sie ihren Charakter als Ehewohnung. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die Überlassung an den anderen Ehegatten noch den aktuellen Erfordernissen in der Trennungssituation geschuldet ist oder ob ihr schon eine endgültige Nutzungsüberlassung zu Grunde liegt.

Eine andere Sichtweise würde die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit der Wohnungszuweisung (nach § 1361 b BGB während des Getrenntlebens und nach § 1568 a BGB für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung) unterlaufen. Denn oftmals hat einer der Ehegatten vor einer gerichtlichen Zuweisung die Ehewohnung bereits verlassen. Wäre dieser zufällig der alleinige Mieter, könnte der Vermieter das Mietverhältnis wegen vertragswidriger Überlassung an einen Dritten noch vor einer Entscheidung über eine Zuweisung der Wohnung kündigen; eine Wohnungszuweisung wäre dann nicht mehr möglich.

Einem Vermieter werde mit der Regelung der Wohnungszuweisung nichts Unzumutbares abverlangt, da ihm kein außenstehender Dritter als Vertragspartner aufgezwungen werde, sondern der Ehegatte des bisherigen Vertragspartners, der schon zuvor die Wohnung befugt genutzt habe (vgl. BVerfG, NJW-RR 2007). Zudem wird der Vermieter durch das Sonderkündigungsrecht des § 1568a Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. § 563 Abs. 4 BGB geschützt, wonach er das Mietverhältnis innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung des Mieterwechsels außerordentlich kündigen kann, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.