Der BGH hat mit Urteil vom 22.01.2014 (Az.: XII ZR 68/10) entschieden, dass eine Schriftformheilungsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag den Erwerber bei einem Verstoß gegen das Schriftformgebot nicht daran hindert, eine Kündigung auszusprechen. Auf die Schriftformheilungsklausel muss sich der Erwerber nicht verweisen lassen.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
In einem für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2015 fest abgeschlossenen Gewerberaummietvertrag ist eine Schriftformheilungsklausel enthalten. Nach Beginn des Mietverhältnisses einigen sich die Mietvertragsparteien auf eine Mietdauer vom 01.03.2006 bis 28.02.2012. Die neue Mietdauer wird durch ein einseitiges Schreiben bestätigt. Nachdem das Objekt veräußert und die Erwerberin am 31.01.2008 als Eigentümerin des Objekts in das Grundbuch eingetragen wurde, kündigte sie gegenüber der Mieterin wegen Schriftformmängeln das Mietverhältnis ordentlich. Ihre Herausgabeklage hatte vor dem OLG und dem BGH Erfolg.
Nach § 550 BGB bedürfen Mietverträge, die für mehr als ein Jahr geschlossen werden, der Schriftform des § 126 BGB. Wird das Formgebot nicht eingehalten, ist allerdings nicht der gesamte Vertrag nichtig. Nach § 550 BGB gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, ist jedoch frühestens ein Jahr nach Überlassung des Wohn-/Gewerberaums mit gesetzlicher Frist kündbar. Vom Schriftformgebot müssen die wesentlichen Vertragsgegenstände, also die Parteien des Mietvertrages, der Mietgegenstand, die Mietdauer und der Mietzins erfasst sein.
Der hauptsächliche Anwendungsbereich des § 550 BGB liegt über den Verweis in § 578 BGB in der Gewerberaummiete. Dort ist der Abschluss befristeter Mietverhältnisse üblich. Die schriftlich vorliegenden Verträge sind für potenzielle Erwerber (im Rahmen der Due Diligence) auch von großer Bedeutung. Dabei geht es regelmäßig weniger darum, im Sinne des historischen Gesetzgebers die „Belastung des Grundstückes” zu eruieren. Vielmehr dient die meist willkommene Beständigkeit langfristiger Mietverträge als Kalkulationsgrundlage für das Investment in eine Gewerbeimmobilie. Große Bedeutung kommt der Bestimmung aber auch in dem Zweipersonenverhältnis der Vertragsschließenden zu. Wer mit den vereinbarten Konditionen des Vertrags nicht mehr zufrieden ist, versucht vielfach diese zu verbessern, indem er Zweifel äußert, ob die Schriftform eingehalten wurde.
Vgl. zum Ganzen Dr. Florian Jacoby in NZM 2011, 1 „Die gesetzliche Schriftform bei Abschluss und Änderung von Gewerberaummietverträgen“.
Während einer festen Vertragsdauer kann der Mietvertrag nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden. Im vom BGH entschiedenen Fall lag aber kein in schriftlicher Form geschlossener Mietvertrag (mehr) vor. Der ursprüngliche Vermieter hatte in Abstimmung mit der Mieterin die Dauer des Mietverhältnisses nachträglich geändert. Diese Änderung erfolgte aber nicht in einer von beiden Seiten unterzeichneten Urkunde. Die Ergänzung des Mietvertrages verstieß damit gegen das Schriftformgebot des § 550 BGB mit der Folge, dass der gesamte Mietvertrag nicht (mehr) dem § 550 BGB genügte, und nach Ablauf eines Jahres daher jederzeit ordentlich kündbar war.
Die Ausübung des Kündigungsrechts verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da sich jede Vertragspartei grundsätzlich auf die fehlende Schriftform berufen kann. Die Erwerberin musste sich vorliegend auch nicht auf die Schriftformklausel (Nachholung der Schriftform, bzw. Heilung des Schriftformmangels) im Mietvertrag verweisen lassen. Auch wenn darüber, ob die Schriftformheilungsklausel nicht nur für den ursprünglichen Vertragspartner, sondern auch für den Erwerber gilt, Streit besteht, ergäbe sich im vom BGH entschiedenen Fall für den Erwerber aber eine Situation, vor der ihn § 550 BGB gerade schützen will. Der Erwerber muss den Inhalt des Mietvertrages in seinen wesentlichen Punkten aus der Vertragsurkunde ersehen können, was vorliegend hinsichtlich der Mietvertragsdauer nicht (mehr) gewährleistet war.
Mietvertragsparteien ist daher zu raten, nach Feststellung eines Schriftformmangels so schnell wie möglich von der Schriftformheilungsklausel Gebrauch zu machen. Erfährt der Mieter vom Eigentümerwechsel nicht bzw. nicht rechtzeitig, kann es passieren, dass er mit der Mitteilung des Eigentümerwechsels vom neuen Eigentümer gleichzeitig die Kündigung erhält. Die Schriftformheilungsklausel hilft ihm dann mit der Rechtsprechung des BGH nicht (mehr). Das kann für Gewerberaummieter bei langfristig abgeschlossenen Mietverträgen zu empfindlichen Einbußen führen.