Geisterhaus: kein Recht auf Leerstand

Veröffentlicht am in Immobilien- und Mietrecht

Berlin – Das „Geisterhaus“ in Friedenau muss bewohnbar gemacht werden. Die Eigentümerin des seit Jahren leerstehenden Wohnhauses hatte eine behördliche Anordnung erhalten, das Gebäude und die Wohnungen instandzusetzen. Als sie demnicht nachkam, wurde ihr zunächst ein Zwangsgeld auferlegt, gegen das sie geklagt hatte. Am 30. Oktober hat sich das Berliner Verwaltungsgericht mit dem Fall befasst und die Klage abgewiesen. Die Klägern muss auch die Prozesskosten tragen – der Streitwert wurde auf 90.000 Euro festgesetzt.

Der ehemals prächtige Jugendstil-Altbau an der Odenwald-/Ecke Stubenrauchstraße verfügt über 16 Wohnungen. Das Gebäude steht wegen erheblichen Verfalls seit über 15 Jahren leer und bröckelt vor sich hin – sehr zum Ärger der Anwohner und des Bezirks. Im Haus übernachten Obdachlose, Vandalen zerstören die Räume und im Hof sammelt sich Sperrmüll an. In Zeiten von Wohnungsnot und steigenden Mieten scheint es absurd, dass ein Haus in bester Lage jahrelang nicht genutzt werden kann. Jetzt muss die Eigentümerin das Haus renovieren.

Leerstand widerspricht Zweckentfremdungsgesetz

Grundlage des Urteils ist das im Mai 2014 in Kraft getretene Berliner Zweckentfremdungsverbot. Damit soll neben der massenhaften Umwidmung von Mietwohnungen zu Ferienwohnungen auch ein längerer Leerstand von Wohnungen verhindert werden. Deshalb ordnete das Bezirksamt im November 2015 an, dass die Klägerin die Wohnungen bis zum 31. Juli 2016 wiederherstellen muss. Komme sie dieser Aufforderung nicht nach, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro festgesetzt. Da die Klägerin die Rückführungsanordnung nicht fristgemäß befolgte, ordnete das Bezirksamt das angedrohte Zwangsgeld an.

Unzumutbarer Aufwand

Der Anwalt der Klägerin widersprach dem Argument der Zweckentfremdung: Das Gesetz sei in diesem Fall nicht anwendbar, weil das Haus schon leer stand, bevor es in Kraft getreten ist. Außerdem sei das Haus so verfallen, dass eine Instandsetzung der Eigentümerin wirtschaftlich nicht zuzumuten sei und nicht verlangt werden könne.Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg, gegen den sich die Klage richtete, sah das anders: „Das Liegen- und Verfallenlassen einer Immobilie ist illegal“, so der Bezirksvertreter vor Gericht. Das Instandhalten einer Immobilie gehöre zu den Pflichten eines Eigentümers.

Maßnahmen sind laut Gesetz zumutbar, wenn Kosten innerhalb von zehn Jahren durch Vermietung wieder eingenommen werden. Die Kammer argumentierte, dass die Klägerin hier die Darlegungslast trage. Sie habe aber keine Zahlen zu den notwendigen Maßnahmen vorgelegt. Deshalb wisse man nicht, was an dem Haus gemacht werden müsste und wie teuer das sei. Bereits seit 2015 war die Eigentümerin wiederholt aufgefordert worden, konkrete Zahlen vorzulegen.

Der Anwalt der Eigentümerin beantragte schließlich ein Sachverständigen-Gutachten, in dem das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg die notwendigen Instandhaltungskosten ermitteln solle. Denn auch das Einholen von Gutachten sei seiner Mandantin finanziell nicht zuzumuten. Das Gericht hat den Antrag abgewiesen. Es bleibt also unklar, wie gravierend die Mängel am Gebäude sind.

Anwohner freuen sich über abgewiesene Klage

Das Verwaltungsgerichts hat die Klage abgewiesen. Bereits die Klage gegen die Rückführungsanordnung sei unzulässig, weil die Klägerin nicht rechtzeitig Widerspruch dagegen erhoben habe. Die Klage gegen die Zwangsgeldfestsetzung sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Festsetzung sei rechtsfehlerfrei ergangen. Es bestehe auch kein Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Eine Anwohnerinitiative, die sich schon seit dreieinhalb Jahren für die Instandsetzung des Hauses einsetzt, freut sich über das Urteil. Die etwa 30 Mitglieder wünschen sich ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt in dem Haus. Aber vor allem gehe es jetzt darum, das Haus wieder bewohnbar zu machen.