Landgericht Lübeck: Google muss Ein-Stern-Bewertung löschen

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Der Suchmaschinenbetreiber Google muss eine kommentarlose Ein-Stern-Bewertung auf Google Places löschen. Dies entschied das Landgericht Lübeck am 13. Juni 2018 und gab damit einer Klage eines Kieferorthopäden statt (LG Lübeck, Urt. v. 13.06.2018, 9 O 59/17, nicht rechtskräftig). Mit seiner Entscheidung stellt es sich gegen die bisherige Rechtsprechung anderer Landgerichte. Google kann gegen die Entscheidung noch Berufung einlegen.

Lübeck – Ein Kieferorthopäde wurde über den Dienst Google-Places mit nur einem Stern bewertet. Eine weitere Erläuterung enthielt die Bewertung nicht. Als Name des Bewerters war der Name des bewerteten Kieferorthopäden angegeben. Dies wollte der klagende Kieferorthopäde nicht hinnehmen. Er ließ zunächst außergerichtlich durch seine Anwälte ausführen, dass es einen Patienten, der denselben Namen hat, gar nicht gäbe. Insoweit dürfte von einer Fake-Bewertung auszugehen sein. Auch könne er nicht nachvollziehen, ob tatsächlich ein Behandlungskontakt stattgefunden habe.

Fake-Bewertung unter falschem Namen

„Bewertungsprofile müssen in einem derartigen Fall dem Bewerter die Beanstandung des Bewerteten zukommen lassen, den Bewerter zu einer Stellungnahme anhalten, den Bewerter zu einer möglichst genauen Beschreibung des Behandlungskontakts anhalten und den Behandlungskontakt möglichst belegen“, weiß Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN.

Dieser ersten außergerichtlichen Aufforderung kam Google jedoch schon im Ansatz nicht nach. Stattdessen ließ das Unternehmen in einer E-Mail ausführen, man könne keinen „offensichtlichen Verstoß gegen Prüfpflichten“ erkennen.

Bewertung nach Eingang der Klage gelöscht

Nachdem der Kläger Anfang 2017 die Klage eingereicht hatte, erwiderte Google erstmals im Dezember 2017. In der Zwischenzeit wurde die Bewertung auf Google gelöscht. Google führte in der Klageerwiderung aus, es müsse nicht unbedingt sein, dass es sich bei dem Bewerter auch tatsächlich um einen Patienten der Praxis handeln müsste. Vielmehr könne es auch sein, dass lediglich ein telefonischer Kontakt zu der Praxis bestand und der Bewerter keinen Termin in der Praxis erhalten habe und sich deshalb dazu veranlasst sah, die Bewertung abzugeben. Einer derartigen Interpretation erteilten die Lübecker Richter hingegen eine deutliche Absage. Die Behauptung sei vollkommen aus der Luft gegriffen und zudem könnte der klagende Kieferorthopäde diese gar nicht wiederlegen, da die Bewertung unter einem Pseudonym abgegeben wurde. Er könne nicht mehr vortragen, als er bisher vorgetragen habe.

Landgericht Lübeck: Sterne-Bewertung impliziert Behandlungskontakt

Das Landgericht Lübeck kommt in seinem Urteil zu dem Schluss, dass es sich bei der angegriffenen Bewertung zwar um eine Meinungsäußerung handelt – die der Meinungsäußerungsfreiheit unterliegt – allerdings fehle ihr eine wahre Anknüpfungstatsache, weswegen sie untersagt werden könne. Beurteile man die Bewertung aus dem allein maßgeblichen Empfängerhorizont eines unvoreingenommenen und durchschnittlichen Durchschnittslesers, kommt man zu dem Schluss, der Bewerter habe tatsächlich eine Leistung des Klägers bewertet, führen die Lübecker Richter aus.

Die Richter des Landgerichts Lübeck stellen sich mit ihrer Entscheidung gegen die Rechtsprechung anderer Gerichte. Die Richter des Landgerichts Lübeck kritisieren vor allem, dass die bisherige Rechtsprechung nicht berücksichtige, dass sich eine Ein-Sterne-Bewertung auf die berechnete Durchschnittsbewertung auswirke.

Beanstandung lässt Prüfpflichten aufleben

Zwar habe sich Google die Bewertung nach Auffassung der Lübecker Richter nicht zu eigen gemacht. Das hätte zu einer unmittelbaren Haftung als Täter geführt. „Von einem Zueigenmachen einer Äußerung sprechen Medienjuristen immer dann, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass sie dadurch als eigene erscheint“, führt von Khazaeli weiter aus. Das lag nach Auffassung der Lübecker Richter nicht vor. Allerdings lebten nach der ersten Beanstandung konkrete Prüfpflichten Googles auf, denen Google nicht nachgegangen ist. So wäre das Unternehmen dazu verpflichtet gewesen, Kontakt zu dem Bewerter aufzunehmen, um sicherzustellen, dass es sich wirklich um einen Patienten des klagenden Kieferorthopäden handelte. Weil Google diese Pflicht verletzte, wäre das Unternehmen dazu verpflichtet gewesen, die beanstandete Äußerung unverzüglich zu löschen.

LG Lübeck: Keine Erstattung von Rechtsanwaltskosten

Der Kläger kann allerdings in dem konkreten Fall nicht die Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Zum Zeitpunkt der ersten Beauftragung des Rechtsanwalts bestand noch keine Pflicht, Googles zu Entfernung der Bewertung. Diese bestand erst nach dem Ablauf einer angemessenen Prüffrist. Anschließend hätte der Rechtsanwalt Google erneut abmahnen müssen und hierfür erst die Kosten erstattet verlangen können.

Nach Google-Urteil: Bewertungen überprüfen

Wer eine negative Bewertung auf Google erhalten hat, sollte immer zunächst über die von Google zur Verfügung gestellten Möglichkeiten zur Löschung der Bewertung auffordern. Dazu ist es insbesondere erforderlich darzulegen, warum der Wertung schon kein wahrer Kontakt zu Grunde lag. Das kann dadurch geschehen, indem man ausführt, man können die Bewertung keinem konkreten Kunden zuordnen. Google trifft dann eine sekundäre Darlegungslast in deren Rahmen Google aufklären muss, ob der Bewertung ein konkreter Geschäftskontakt zu Grunde lag. Ist dies nicht der Fall, kann ein Anwalt mit der Durchsetzung der Rechte beauftragt werden. Hierfür können auch die Kosten erstattet werden.

Haben Sie auf Google oder einem anderen Bewertungsprofil eine negative Bewertung erhalten, können Sie sich gerne für ein kostenloses Erstberatungsgespräch mit uns in Verbindung setzen. Unsere Rechtsanwälte verfügen über jahrelange Erfahrungen auf dem Gebiet des Medienrechts.