Bedienungsanleitungen können dem Schutz des Urheberrechts unterfallen

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Unter welchen Voraussetzungen sind Sprachwerke, welche einem bestimmten Gebrauchszweck dienen, urheberrechtlich geschützt? – Die Frage beschäftigt die Gerichte immer wieder aufs Neue. In einer aktuellen Entscheidung bejahte das Oberlandesgericht Frankfurt die Werkqualität einer Bedienungsanleitung für eine Hebebühne. Aufgrund der sprachlichen Darstellung, der prägnanten Anordnung und der partiellen Hervorhebung von Hinweisen erreiche der streitgegenständliche Gebrauchstext die erforderliche Schöpfungshöhe (OLG Frankfurt, Urt. v. 26.05.2015; Az.: 11 U 18/14).

An die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Gebrauchstexten sind höhere Anforderungen als bei zweckfreien Sprachwerken zu stellen

Allgemeine Geschäftsbedingungen, Bedienungsanleitungen oder auch Rezepte haben eine Gemeinsamkeit: Sie dienen einem Gebrauchszweck. Dank moderner technischer Funktionen wie „copy and paste“ ist es jedoch denkbar einfach, derartige Gebrauchstexte von anderen zu übernehmen. Dem versuchen Rechteinhaber durch die Geltendmachung von urheberrechtlichen Ansprüchen entgegenzuwirken. Die Rechtsprechung stellt jedoch an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Gebrauchstexten höhere Anforderungen als bei zweckfreien Sprachwerken. Erforderlich sei ein deutliches Überragen des Durchschnitts. Begründet wird dies damit, dass die Ausdrucksform bei Texten mit Gebrauchszweck bereits stark durch das jeweilige Fachthema und dessen Fachsprache vorgegeben ist.

„Deutliches Überragen des Alltäglichen“ gefordert

Das OLG ordnet die Bedienungsanleitung zunächst zutreffend den Sprachwerken gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zu, bei welchen grundsätzlich nur geringe Anforderungen an die Gestaltungshöhe zu stellen sind. Da die Bedienungsanleitung jedoch einem bestimmten Gebrauchszweck dient, fordert das Gericht unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des BGH „ein deutliches Überragen des Alltäglichen“ (BGH, Urt. v. 10.10.1991 – Az.: I ZR 147/89). Diese Voraussetzungen seien im Fall der vorliegenden Bedienungsanleitung jedoch erfüllt. Die Länge der Bedienungsanleitung schaffe Raum für kreatives Wirken und diesen Gestaltungsspielraum habe der Kläger hinreichend ausgenutzt.

Die gewählte Reihenfolge der verschiedenen Einzelthemen folge einem bestimmten Aufbau, der das bezweckte Verständnis der Thematik unterstützt. Auch die sprachliche Darstellung einzelner Rubriken überzeugte das Gericht. Weiterhin spreche auch die tabellarische Darstellung, die die Übersichtlichkeit und die Verständlichkeit gewährleistet, für die Schutzfähigkeit der Bedienungsanleitung. Den in der Bedienungsanleitung enthaltenen Fotografien komme gem. § 72 Abs. 1 Urheberrechtsschutz zu.